Herr Busfahrer, wie lange noch?
Puh, nach fast 15 Stunden Busfahrt über Nacht sind wir ganz schön im Eimer. Von einem erholsamen Schlaf hat uns wohl die rasante Fahrweise des Busfahrers (Konsti hat seine Vorliebe für die Fahrt auf der Gegenspur ohne jeglichen sachlichen Grund analysiert), ein kleines schreiendes Baby und die Sitzhaltung abgehalten. Die erste Pause kam übrigens nach fast fünf Stunden um 22 Uhr (wir hatten vorher in Berichten gelesen, dass es gar keine Pausen gibt, also sind wir fast so etwas wie erleichtert, weil wir um die Uhrzeit nicht mehr mit einer Pause gerechnet hätten). An der Raststätte werden wir auf der Suche nach der Toilette abgefangen. Wir werden durch den Gang in ein bewohntes Motelzimmer gelotst. So ganz begreifen wir erst nicht, was wir hier sollen, aber dann zeigt der nette Herr auf das Badezimmer und die Toilette. Dann lässt er uns allein. Okay, dann nutzen wir mal unsere Chance auf die Toilette von anderen. Da wir beide magentechnisch etwas angeschlagen sind, verzichten wir auf ein Abendessen an der Raststätte und gönnen uns lediglich ein Stück Brot. Während wir uns draußen ein bisschen die Beine vertreten, werden wir von einem Pakistani angesprochen und prompt auf ein Getränk eingeladen (das Essen können wir zum Glück ausschlagen) – diese Gastfreundschaft wieder.. Zurück im Bus lernen wir dann noch Jawad kennen. Er ist Pakistani, studiert aber derzeit in Ilmenau. Er ist momentan zu Besuch in der Heimat und auf direktem Weg zu den Fairy Meadows. Leider haben wir einen Zwischenstopp in Gilgit eingeplant, ansonsten hätten wir gemeinsam zu den Fairy Meadows starten können. Trotzdem möchten wir in Kontakt bleiben und tauschen unsere Nummern aus. Gegen 5 Uhr machen wir dann doch noch eine zweite kurze Pause, bevor es dann die letzten paar Stunden weitergeht. Zeit für einen weiteren kleinen Nap und den ein oder anderen Blick in die morgendliche Berglandschaft.
Als wir ankommen, schlagen wir erstmal (wie gewohnt) die Angebote der Taxifahrer aus und stiefeln los Richtung Unterkunft. Wir müssen allerdings feststellen, dass wir hier weder Netz noch Internet haben. Daraufhin laufen wir erst in die falsche Richtung. Einmal zurück und weiter gerade aus. Als wir dann noch Berg hoch laufen müssen, ist Caro vollkommen im Eimer. Aber wir haben Glück. Zum einen werden wir von einer Hündin begrüßt und zum anderen können wir direkt in unser Zimmer und damit auf direktem Weg ins Bett.


Gilgit
Den ersten Tag in Gilgit verbringen wir nur im Zimmer, wir sind müde und immer noch etwas angeschlagen. Gut, dass wir hier alles haben, was wir brauchen – Essen, Trinken, Bett und eine Toilette. Nicht zu vergessen Snoopy, die süße Hündin. Den darauffolgenden Tag nutzen wir für den Blog, die weiteren Planungen und die Vorbereitungen für unseren anstehenden Ausflug zu den Fairy Meadows. Wir starten einen Spaziergang in die Stadt, gehen einkaufen und bemühen uns um eine Simkarte für den Norden. Mit unserem Anbieter Jazz hat man in den Northern Areas keinen Empfang. Leider erstmal ohne Erfolg, wir sollen morgen noch einmal kommen. Aktuell gibt es keine SIM-Karten mehr.
Das Hunza Tal ist bekannt für seine Trockenfrüchte und Nüsse, also nutzen wir die Chance, uns für die Wanderung mit einer großen Tüte getrockneter Bio-Aprikosen (statt Zertifizierung setzt man hier auf hauseigene Trocknung ohne Zusätze), Mandeln und ein paar Pistazien.



Das Getränk in Konstis Hand ist übrigens (leider) kein Bier. Zum Thema Alkohol findet ihr unten ein bisschen was. Es entstammt allerdings der pakistanischen Brauerei und ist so etwas wie ein Malzbierradler und schmeckt ist bei den Temperaturen supererfrischend.
Das Treiben in Gilgit gefällt uns ganz gut, auch wenn wir unter den Einheimischen viele Blicke auf uns ziehen. Jawad meldet sich mit einem Update von den Fairy Meadows bei uns. Es ist wohl nicht möglich, von den Feen Wiesen zum Nanga Parbat Basecamp zu laufen, es liegt noch zu viel Schnee und es ist zu gefährlich. Außerdem berichtet er uns, dass er lange warten musste, bis er Mitfahrer:innen für den Jeep zum Ausgangspunkt der Wanderung gefunden hat. Wir sind gespannt, packen fleißig unser Gepäck für die kommenden Tage und begeben uns früh ins Bett.
Es war einmal…
… eine kleine Fee, die vor langer Zeit auf einer hochgelegenen Wiese ihr Zuhause fand. Dort lebte sie froh und munter, erfreute sich der grünen, blühenden Natur und einem traumhaften Ausblick auf den Nanga Parbat. Mit seinen 8.126 m ist dieser der neuntgrößte Berg der Erde, damit prahlte die Fee sehr gerne. Ebenso erzählte sie in der Feen Community allzu gerne die gruseligen Geschichten des „Killer Mountains“, da viele Bergsteiger, die versuchten den Nanga Parbat zu besteigen, mit ihrem Leben dafür zahlten. Unter anderem auch Günther Messner, der Bruder von Reinhold Messner, der 1970 bei einer gemeinsamen Expedition verstarb. Der 8.000er ging auch als der „Schicksalsberg der Deutschen“ in die Geschichte ein.
Irgendwann bekam die kleine Fee Besuch von ein paar komisch gekleideten Bergsteigern, die in einer komischen Sprache sprachen. Sie kamen aus einem Land namens Deutschland und trauten ihren Augen kaum, als sie die wunderschöne Wiese der kleinen Fee sahen. Auch eine Fee hatten diese Deutschen ohne den erhöhten Konsum von Bier noch nie gesehen. So fasziniert, wie sie von dieser traumhaften Umgebung und der netten, kleinen Fee waren, so beschlossen sie, diesen Ort fortan als Feen-Wiese oder auch Fairy Meadows zu betiteln. So kommen bis heute zahlreiche Besucher:innen zur kleinen Fee und ihrer Wiese.
Und weil nicht alle Besucher:innen über Feenflügel verfügen, musste man sich für die Reise zur Feenwiese etwas ausdenken. Diese liegt nämlich auf einer Höhe von 3.300 m und ist nicht über eine normale Straße erreichbar. Da die kleine Fee seit je her insgeheim ein kleiner Adrenalin-Junkie ist, hat sie sich hierzu folgendes ausgedacht. Von der im Tal liegenden Raikot Bridge müssen die wage mutigen Besucher:innen erst 1,5 h mit einem Jeep bis zum Dorf Tatu fahren. Für den extra Adrenalin Kick wird hierbei auf jegliche Leitplanken und/oder Straßenbeläge verzichtet. Damit sorgte die kleine Fee weltweit für extra Schlagzeilen und Publicity – die Straße wurde 2013 als zweitgefährlichste Straße der Welt „ausgezeichnet“. Im Anschluss an die Fahrt müssen die Besucher:innen nun noch Schweiß lassen – ganz nach dem Motto „Ohne Schweiß, kein Preis“. Es geht ca. 5 km bergauf, aber die Höhe und die Luft hat es in sich. Wer dies nicht schafft, kann sich Unterstützung von einem der vielen Ponys und Esel holen. Diese tatkräftigen Helferlein sorgen auch für die sonstige Verpflegung in Form von Gas, Speis und Trank für die Feenwiese. Aufgrund des strategischen Marketings der kleinen Fee und natürlich in Zeiten von Social Media wurde der Ort in den Bergen immer bekannter und somit populärer. Mittlerweile gibt es ein kleines Dorf aus mehreren Unterkünften, die die Gäste im Sommer beherbergen. Trotz des deutschen Einflusses, hat sich hier weder Kaiserschmarrn, Käse-Stulle noch ein Belohnungsradler durchgesetzt. Schade eigentlich.
Wenn es die Besucher:innen erst einmal geschafft haben, werden sie von der kleinen Fee und einem traumhaften Ausblick empfangen. Vorausgesetzt das Wetter spielt mit. Dann zeigt sich der Nanga Parbat in voller Pracht. Und wem das nicht genug ist, der kann sich noch weiter nach oben begeben. Das Basecamp ist in einer Tageswanderung erreichbar. Auf dem Weg dorthin kommt man an einen Ausgangspunkt und Beyal, einem kleinen Dorf, vorbei.
So lebt die kleine Fee nun froh und munter auf ihrer Wiese und erfreut sich (insbesondere in den Sommermonaten) über Besuch und gute Gesellschaft. Und wenn sie nicht gestorben ist, treibt sie das Online Marketing weiter voran, bildet sich im Bereich SEO weiter und erfreut sich ihres Lebens an diesem schönen Ort. Ende.
Unser Besuch bei der kleinen Fee
Auch wir möchten uns den Besuch der kleinen Fee und ihrer Wiese nicht entgehen lassen. Wir sind nunmal doch etwas anfällig für das gute Online Marketing. Wir starten früh am Morgen und machen uns auf den Weg zum Busbahnhof. Wir werden von mehreren Männern angesprochen, die uns schnell weiterhelfen. Der Bus in Richtung Raikot Bridge fährt allerdings erst in 45 Minuten. Wir üben uns in Geduld und shoppen noch ein paar Bananen.


Als es losgeht, ist der kleine Van voll (man stelle sich einen vollen Van in Deutschland vor und addiert pro Reihe noch eine weitere Person) und es geht mit offenen Fenstern und Musik los. Unterwegs steigen noch weitere Leute hinzu und es wird kuscheliger.
Der Jeep und das Adrenalin
An der Raikot Bridge angekommen, ist die Stimmung recht entspannt. Wir haben damit gerechnet, dass wilde Verkaufsgespräche für die Jeeps starten und das Treiben munter ist. Stattdessen sitzen mehrere Männer in lockerer Runde, schauen uns kurz an und setzen dann ihre Brettspiele fort. Ein Polizist von der eigens für Touristen eingerichteten Tourist Police nimmt uns in Empfang, erfragt unsere Passdaten sowie Kopien unserer Visa und erkundigt sich, wie lange wir bleiben möchten. Wir geben zwei Nächte an. Theoretisch sind wir mit dem bürokratischen Teil durch und könnten mit dem Jeep Richtung Abenteuerfahrt starten. Wir möchten die 14.000 Rupies, umgerechnet 45 Euros, pro Jeep allerdings gerne mit weiteren Fahrgästen teilen. Doch noch ist niemand weit und breit zu sehen. Dann frühstücken wir erstmal, noch sind wir gut in der Zeit. Mitten beim Biss ins Sandwich sehen wir zwei weiße Gesichter, Konsti nutzt die Chance und nimmt die Verfolgung auf. Wir bekommen allerdings einen Korb, es handelt sich wohl um eine „private tour“. Kurze Zeit später spotten wir ein weiteres Pärchen, dass mit einem Guide ankommt. Jetzt ist Caro dran, aber auch hier bekommen wir einen Korb. Das Ehepaar erwidert, dass ihr Auto mit drei Personen schon voll sei. Wir kommen uns wie kleine Schnorrer vor, die niemand mitnehmen möchte. Wir sprechen weitere Personen an, die Zeit vergeht, aber es ergibt sich keine Mitfahrgelegenheit.. Caros Geduld wird auf die Probe gestellt, Konsti ist hingegen weiterhin entspannt und optimistisch. Dann kommt ein junger Pakistani. Er und seine Freunde sind auch noch auf der Suche nach Mitfahrer:innen. Sie wollen allerdings nur eine Nacht bleiben. Nachdem wir kurz überlegen, passen wir uns an. Dann eben nur eine Nacht, wir wissen ja auch nicht, was uns oben erwartet und ins Basecamp können wir laut Jawad sowieso nicht. Also hopp hopp, rein in den Jeep. By the way – es war kein Problem mit 5 Personen den Jeep zu teilen.
Die wilde Fahrt kann losgehen. Caro ergattert einen Platz vorne in der Mitte, Konsti am offenen Fenster direkt neben ihr. Der Beginn der Fahrt ist holprig, aber in Ordnung. Je höher wir kommen, desto tiefer erscheint der Abgrund (surprise) und desto schmaler und kurviger wird auch die Straße.





An einer breiteren Stelle halten wir und genießen die wunderschöne Aussicht auf das Tal und die beeindruckende Schlucht, während der Fahrer etwas Kühlflüssigkeit nachkippt. Die Weiterfahrt wird spektakulärer und Caro macht vielleicht das ein oder andere Mal die Augen zu. Konsti hingegen schaut munter aus dem Fenster und macht dabei ein paar Videos.
Insgesamt dauert die Fahrt ca. 1,5 Stunden und wir sind gut durchgeschüttelt, als wir oben ankommen. Jetzt geht der physisch anstrengende Teil der Reise los. Wir tauschen uns noch kurz mit dem Fahrer und unseren Mitfahrern zur Abholzeit am kommenden Tag aus („Inshallah“) und dann stiefeln wir los.
Das Wandern ist des Fischer’s Lust..
Auf ca. 2.900 m starten wir vom Dorf Tatu auf einem kleinen Wanderweg, der sich entlang der Berge nach oben schlängelt. Das Wetter ist bedeckt, aber noch warm, also sehr angenehm für uns. Die Aussicht in das Tal ist jetzt schon wunderschön und wir sind überrascht, dass wir nach der Jeepfahrt in die Berge hier plötzlich wieder grüne Bäume und Pflanzen sehen. Es geht bergauf und der Schweiß lässt nicht lange auf sich warten. Irgendwann legen wir eine Pause am Rand des Weges ein. Wir snacken unsere getrockneten Aprikosen und die Nüsse, während andere Wanderer, Esel und Pferde vorbeiziehen.


Obwohl wir nur 5 km vor uns haben, zieht sich der Weg nach oben und es ist gut anstrengend. Da wir weder Empfang haben, noch eine Wegbeschilderung ausmachen können, wissen wir nicht, wie weit es ist.


Der Wald wird immer dichter und grüner, wir müssen einen kleinen Bach durchqueren und irgendwann geht es steiler bergauf. Wir hören wieder die ersten Stimmen: Zivilisation!
Welcome to Fairy Meadows
Als wir uns über die letzte Kuppe gekämpft haben, sind wir endlich da. Die kleine Fee begrüßt uns allerdings weder mit einem gekühlten Radler (oh mann, wie wir das vermissen), noch einer traumhaften Aussicht auf den Nanga Parbat. Was wir stattdessen sehen? Viel Nebel und passend dazu fängt es gerade etwas an zu nieseln. Wir haben keine Unterkunft gebucht und wollen nun erstmal ein passendes und vor allem nicht zu kostspieliges Dach über dem Kopf suchen. Nachdem uns die erste Unterkunft viel zu teuer erschien, ziehen wir weiter und treffen auf die Pakistanis aus unserem Jeep. Sie sind schon fündig geworden und in ihre kleine Hütte eingezogen. Da die drei auch eher Low-Budget unterwegs sind, tauschen wir uns zu den Preisen aus, bevor auch wir nach einer Unterkunft für die Nacht fragen. Wir bekommen eine kleine Hütte gezeigt, die sogar über ein Bett, einen kleinen Ofen (mitten im Raum) und eine eigene Toilette verfügt. Hervorragend, das reicht uns vollkommen aus.



Wie glücklich wir über genau diese drei Dinge sein werden, wird sich später noch zeigen. Für umgerechnet 10 Euro ist auch der Preis super. Wir wechseln unsere Kleidung, bekommen einen Begrüßungstee und ruhen uns erstmal im Bett unter zwei dicken Decken aus. Hier oben ist es ziemlich frisch geworden und ohne Sonne ist es schnell kühl.
Gegen Abend gehen wir in die kleine Hütte der Besitzer. Sie besteht aus einem großen, recht dunklen Raum, in dem ein paar große Tische stehen. In einer Ecke ist die „Küche“, hier brennt das Feuer schon und wir werden direkt dorthin eingeladen. Hier reihen wir uns in die Runde der Pakistanis ein, die es sich auf kleinen Schemeln rund um die Kochstelle bequem gemacht haben.


Alle wollen sich wärmen, während der Chefkoch sich schon um das Abendessen kümmert. Direkt aus erster Reihe bestaunen wir das Show-Cooking. Viel Fett in der Pfanne scheint hier eine standardisierte Grundlage für nahezu alles zu sein. Das führt zwischenzeitlich zu einer kleinen Stichflamme beim Anrösten der Zwiebeln und Tomaten, das ganze wird mit Wasser und viel Gewürz gestreckt. Am Ende kommen noch bereits gegarte Linsen hinzu.
Zu unserem Glück handelt es sich tatsächlich um Linsen, im dunklen Licht vermuten wir zuerst angebratenes Fleisch und da die Konversation (wie so oft hier in Pakistan) nicht ganz problemlos vonstatten geht, hatten wir schon schlimmes befürchtet. Aber kurze Zeit später, erfreuen wir uns einem üppigen Linsendal mit Reis und es schmeckt ganz köstlich.
Nach dem Essen spazieren wir noch eine Runde über die Feenwiese und schauen uns um. Es regnet, aber zu unserer großen Freude, begleitet und bald ein Husky, der trotz mehrfacher Anstrengung seiner Besitzer ihn zurück zu holen, lieber bei uns verweilt.


Mittlerweile gibt es zahlreiche Unterkünfte bei Fairy Meadows, überall sehen wir mehr oder weniger große Holzhütten mit großen Logo-Planen. Etwas zerstört es das Bild dieser schönen Umgebung hier oben. Dennoch erfreuen wir uns am satten Grün der Wiese, einem kleinen Bachlauf und zahlreichen Ponys und Eseln (die wirklich sehr lautstark unterwegs waren). Auf dem Weg zu unser Hütte begegnen wir noch einem unserer Hosts. Er nimmt und leider die Hoffnung auf besseres Wetter am morgigen Tag, besteht aber darauf den kleinen Ofen bei uns in der Hütte anzuzünden, damit wir es gemütlich haben.
Kaminromantik und Höhenkrankheit
Ein netter Herr macht uns das Feuer in der Hütte an. Noch bevor es allerdings richtig an ist, erlischt es wieder. Konsti besorgt neue Streichhölzer und ist in seinem Element. Schnell ist das Feuer wieder entzündet und es wird gemütlich warm. Leider haben wir kein Holz zum nachlegen, daher opfert Konsti seinen Wanderstock, den er unterwegs von einem herabsteigenden Pakistani geschenkt bekommen hat, und zersägt diesen, damit wir die Nacht in der Kälte überstehen.

Nein, ganz so dramatisch war es natürlich nicht, aber so konnten wir länger das Feuer genießen und auch unsere nassen Sachen trocknen. Wir genießen die Stimmung am Feuer mit ein paar Keksen. Da wir etwas müde sind, machen wir uns bettfertig. Caro merkt, wie sie sich nicht gut fühlt. Da kommt sie wieder, die Höhenkrankheit. Schwindel, Herzrasen und Durchfall (gut, dass wir eine angeschlossene Toilette haben). Typischerweise kommen die Symptome genau dann, wenn der Körper zur Ruhe kommt.
Ungelegenerweise auch genau dann, wenn man eigentlich nicht das machen kann, was am meisten helfen würde – absteigen. An Schlaf ist jetzt erstmal nicht mehr zu denken und weil wir irgendwann nicht mehr weiter wissen, fragt Konsti die Locals, ob diese vielleicht einen Tipp haben. Grüner Tee soll helfen und eine Schmerztablette. Auf Tourist:innen, die mit der Höhe zu kämpfen haben, ist man hier noch nicht ganz so eingestellt. Absteigen bei Dunkelheit und Dauerregen wäre wirklich keine gute Idee. Wir versuchen etwas zur Ruhe zu kommen und die Nacht rum zu bekommen. Caro trinkt den Tee und kommt irgendwann zur Ruhe und damit auch zum Schlafen. Entgegen unserer Pläne früh aufzustehen, bleiben wir länger im Bett liegen. Die Nacht war wenig erholsam und draußen gießt es wie aus Eimern (ob der Jepp-Trek runter vom Berg so viel Regen standhält?!). Caro geht es wesentlich besser und wir bleiben noch eine Weile eingekuschelt in unseren Decken in der Hütte.
Hallo Beyal
Nach einem Frühstück mit fettiger Paratha und Omelett (eine Auswahl gibt’s hier nicht), beschließen wir langsam noch ein weiteres Stück hoch zum Aussichtspunkt und in Richtung Beyal, einem kleinen höher gelegenen Camp zu machen. Regenjacke an und los gehts. Die Stimmung ist wahnsinnig schön, wir sind wieder komplett alleine und die Natur ist in einen mystischen Nebel getaucht. Wir kommen an einen Aussichtspunkt mit Blick auf den Gletscher, in weiter Ferne, hören wir das Rauschen von Wasser. Die grüne Natur ist in Nebel gehüllt, die Berge verschwinden in den Wolken. Jetzt ist es halb so schlimm, dass es regnet und das Wetter nicht optimal ist. Es ist wirklich schön hier oben. Wir laufen langsam weiter, merken aber, dass auf der Höhe alles länger dauert und wir schnell außer Puste sind. Im Beyal Dorf angekommen, ist alles wie ausgestorben. Wir sehen keine Menschenseele. Im Sommer bei Sonnenschein ist es hier oben aber bestimmt traumhaft schön. Viel unberührter als bei den Fairy Meadows selbst. Wir genießen den Augenblick, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen. Schließlich müssen wir heute noch ein ganzes Stück bergab gehen.





Tschüss kleine Fee
Zurück an unserer kleinen Hütte, ruhen wir uns noch einen Moment aus, packen unsere Sachen und verabschieden und dann von unseren Hosts. Wir wollen heute das erste Stück einen anderen Weg als gestern heruntergehen. Wir merken aber schnell, dass wir uns ohne Ausschilderung und Menschen, die wir nach dem Weg fragen können, zu unsicher sind. Bei unserem Glück möchten wir kein Risiko eingehen. Wir drehen um und nehmen einen anderen, besser erkennbaren (dennoch nicht gekennzeichneten) Weg bergab. Wir sind gut in der Zeit und holen irgendwann sogar die pakistanischen Jungs ein.


Zugegebenermaßen spüren wir auch langsam die Knie vom Abstieg und sind froh, als wir im Dorf Tatu ankommen. Als Belohnung gönnen wir uns die pakistanische Form eines Snickers. Es ist ziemlich hart, etwas verbeult, aber in dem Moment göttlich. Wir starten etwas früher als geplant mit dem Jeep Richtung Tal.
Die Rückfahrt kommt uns etwas weniger schlimm als gestern vor, was auch an weniger Gegenverkehr liegen könnte. Wir machen natürlich noch ein Gruppenbild im Jeep. Kleiner Hinweis am Rande: Er schaut zwar etwas grimmig, aber unser Fahrer war ein lustiger Zeitgenosse, der ansonsten während der fahrt viel gelacht und gesungen hat.


Unten angekommen wollen wir die drei Jungs überzeugen, uns in ihrem Auto ein Stück mitzunehmen. Sie fahren allerdings nicht weit in unsere Richtung, also muss eine andere Lösung her. Das Angebot des Polizisten uns einen Fahrer zu rufen, schlagen wir dankend aus. Kurze Zeit später hält ein Auto neben uns „Gilgit? Gilgit?“. Die beiden Herren kennen wir doch, wir sind ihnen am Tag zuvor morgens am Busbahnhof begegnet und haben die Mitfahrt abgelehnt. Heute sieht es anders aus, da weit und breit kein Bus in Sicht ist und es (natürlich) keinen Fahrplan gibt, Konsti verhandelt den Preis und wir steigen ein. Wir quetschen uns zu viert auf die Rückbank, auf dem Beifahrersitz nehmen zwei Leute Platz und schneller als wir schauen können, tritt der Fahrer das Gaspedal durch. Sagen wir mal so, das war auf jeden Fall die schnellste Möglichkeit zurück nach Gilgit zu kommen. Zurück in unserer Unterkunft kommt direkt die erste Freude auf vier Pfoten zu uns. Snoopy ist hocherfreut uns zu sehen – wir auch! Wir freuen uns auf die warme Dusche, Internet und bestelltes Essen im Bett.
Gilgit, Snoopy und unser Homestay
Wir beschließen noch zwei Nächte in Gilgit zu bleiben. So können wir in Ruhe die Weiterfahrt planen, das Wetter checken und unsere Sachen umpacken. Wir beschließen erneut einen Spaziergang durch die Stadt zu machen und einen Cappucino zu trinken, schließlich müssen wir noch unsere monatliche Foto-Challenge absolvieren. Das erste Café sieht zwar nett aus, hat super WLAN, aber der Cappucino besteht aus gesüßtem Pulver und einem ordentlichen Schlag Sahne on top. Wir haben beide leichte Flashbacks aus unserer Teenagerzeit, spülen das „Getränk“ herunter und laden unsere Insta-Stories hoch. Danach ziehen wir weiter und sind zumindest Milchschaum-technisch erfolgreicher. Auf dem Rückweg wählen wir einen anderen Weg, erkunden noch etwas Gilgit und philosophieren unter anderem über den Alkoholkonsum in Pakistan.

Zurück bei der Unterkunft erkunden wir nun auch mal die Dachterrasse des Hauses.

Wir bekommen schnell Gesellschaft von Syed, dem Besitzer. Er ist schätzungsweise so alt wie wir uns führt das Homestay mit seinen zwei Brüdern. Insbesondere Caro war zu Beginn sehr verwundert über die gleich aussehenden Leute, die doch immer etwas Unterschiedliches anhatten. Das Rätsel hätten wir dann gelöst, auch wenn Caro bis zum Ende nicht unterscheiden konnte, wer wer ist. Syed hat das Gebäude während Corona übernommen und versucht es seitdem immer weiter zu erneuern. Wir stellen viele Fragen und bekommen viele Antworten. Dann kommt es zum Thema Alkohol (ihr erinnert auch, unsere Philosophie-Stunde auf dem Heimweg). Diese Erkenntnisse möchten wir euch nicht vorenthalten: Entgegen unserer bisherigen Beobachtungen wird in Pakistan Alkohol konsumiert.
Kurz zur Einordnung der offizielle Teil: Muslimen ist der Erwerb von Alkohol in Pakistan gesetzlich verboten. Die restlichen 3,5 % Nicht-Muslime der Bevölkerung können eine Art Erlaubnis beantragen, Alkohol zu kaufen. Es gibt sogar eine pakistanische Brauerei und Destillerie in einem, allerdings gibt es kaum offizielle Geschäfte, in denen Alkohol zu kaufen ist. In Islamabad gibt es wohl in den großen 5*-Hotels Marriott oder Serena kleine Shops, in denen man (angeblich als offensichtlicher Tourist auch ohne Permit) Alkohol kaufen kann. Ansonsten gibt es nur in einigen anderen Großstädten in den großen Hotels Alkohol zu kaufen.
Inoffiziell schaut das Ganze natürlich anders aus: In den Dörfern wird sogenanntes „Hunza-Wasser“ selbst hergestellt. Es ist eine Art Schnaps, der aus allem möglichen Obst hergestellt werden kann. Wie genau der Herstellungsprozess ist, wissen wir auch nicht. Das passiert dann im Geheimen und „man hat so seine Kontakte“.
In anderen Regionen, in denen man noch eine sehr eigene Kultur pflegt, wohl vor allem im Bereich des Kalash-Valleys um Chitral herum, wird auch Wein selbst hergestellt und auch öffentlich getrunken.
Darüber hinaus lernen wir, dass vor dem Essen getrunken wird und man dazu Salat oder geschnittene Rohkost ist. Da unser Interesse scheinbar groß ist, bietet Syed an, etwas zu besorgen.
Hunza-Wasser
Keine halbe Stunde später sitzen wir wieder gemeinsam auf der Dachterrasse. Auch dabei: Drei Gläser, zwei Saft-Trinkpäckchen und eine 1,5 Liter PET Wasser-Flasche in der obviously kein Wasser ist. Es sieht etwas trüb aus und hat laut Syeds Aussage ca. 20-30 Prozent Alkoholgehalt. Cheers (wie man wohl auch hier sagt)!

Es brennt nicht, schmeckt aber auch gar nicht mal so gut. Abhilfe soll dann ein bisschen Apfelsaft bringen. So sitzen wir nun da, trinken ein Glas nach dem nächsten, unterhalten uns und essen irgendwann nebenbei.
Syed erzählt begeistert von den vielen verschiedenen Regionen und was es alles noch zu sehen gibt im Norden Pakistans und wir merken, dass wir einfach viel zu wenig Zeit für dieses faszinierende Land haben.
Mittlerweile hat es zu regnen angefangen, aber Syed holt einen Schirm und wir statten uns mit einem Pullover aus. Irgendwann kommen noch zwei Männer und eine Frau dazu. Es sind Freund:innen von Syed und wir sitzen in netter Runde beisammen. Snoopy darf natürlich nicht fehlen und lässt sich ausgiebig ihr Hinterteil massieren. Irgendwann machen wir noch eine kleine Feuertonne an und als dann auch der letzte Schluck geleert ist (Konsti hat sich netterweise geopfert), machen auch wir uns auf den Weg ins Zimmer. Bevor wir schlafen gehen, halten wir noch einen kurzen Videocall mit Niki und Lara, denen wir natürlich von unserem Abend und dem Hunza-Wasser berichten.
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Ihr Lieben, ich hätte auf dieser Straße übrigens auch die Augen zugemacht…