Wir machen es uns im Zug bequem und sind vertieft ins Handy, als wir irgendwann aus dem Fenster schauen. Wow, das ist ja traumhaft schön! Die Zugstrecke führt direkt am Meer entlang und die Küste hier hält definitiv, was sie verspricht. Die Sonne scheint, das tiefblaue Meer schlägt hellblaue Wellen an den Sandstrand. Hinter dem Sandstrand scheinen Klippen in Berge überzugehen. Trotzdem ist alles grün bewachsen. Das Handy gerät schnell in Vergessenheit und wir genießen die wunderschöne Aussicht. Ein bisschen traurig sind wir dann doch, genau diese Strecke wären wir normalerweise mit dem Rad gefahren, natürlich auf der Straße und nicht auf den Gleisen. Darauf hatten wir uns wirklich sehr gefreut. Das letzte Stück fahren wir wieder landeinwärts und kommen etwas außerhalb des Zentrums am Bahnhof an. Von hier könnte man problemlos mit dem Rad oder dem Bus in die Innenstadt fahren, aber mit dem Rad im Bus? Das ist leider keine Option. Da Konstis Knie noch streikt, brauchen wir eine alternative Lösung. Die kurze Strecke geht leicht bergab, sodass Caro sich für etliche Anschübe aus vergangenen Radtouren revanchieren kann. Konsti hängt sich an den Rucksack und Caro zieht ihn mitsamt Fahrrad bis zum Hostel. Das klappt, trotz Gepäcktaschen, besser als gedacht.



Zelle
Eigentlich ist der Checkin erst später möglich, aber wir dürfen unsere Sachen schon hochbringen und erhaschen so auch schon einen Blick in unser Zimmer. Unser „Zuhause“ für die kommenden beiden Nächte taufen wir liebevoll „Zelle“. Der geflieste Boden in Kombination mit dem Doppelstockbett und einem zugenageltem Fenster und den sonstigen Möbeln in Form eines Tisches mit einem Stuhl, machen das Zimmer zu keiner Wohlfühl-Oase. Es ist ziemlich frisch hier drin, aber immerhin haben wir Platz und wir sind für uns. Im Flur gibt es sogar einen Kühlschrank und einen (Heiß-) Wasserautomaten sowie einen Tisch. Na immerhin. Das Gemeinschaftsbad erfüllt seinen Zweck und wir freuen uns tatsächlich, unseren Kram mal ein bisschen ausbreiten zu können. Was wir erst am Abend feststellen werden: Auch das Bett gleicht eher einem Holzbrett, die Matratze ist definitiv mehr schein als sein. Der Schaumstoff-Lappen gleicht eher einer schlechten Isomatte. Unser Lösungsansatz: Lieber eine Doppelmatratze und dafür in einem der Doppelstockbetten gemeinsam nächtigen oder für die Filmexperten unter euch: Bus bauen. Dann wird’s wenigstens nicht kalt 😁

Da wo niemals Ebbe ist..
Nach einem kurzen Abstecher zum 7eleven für ein kurzes Mittagessen, machen wir uns auf den Weg zum Meer. Mittlerweile ist es etwas zugezogen und damit etwas bewölkt. Der Wind pustet uns um die Ohren und außer uns ist niemand hier. Wir laufen bis zu den großen Wellenbrechern nach vorne. Immer wieder türmen sich hohe Wellen auf, die an den großen Steinen aufprallen und das Meerwasser nur so hochspritzen lassen. Mal abgesehen von den warmen Temperaturen, wir könnten gerade auch in Kiel stehen. Da kommt bei Konsti direkt ein bisschen Heimatgefühl auf. Wir verweilen eine ganze Weile hier, klettern auf die Steine, beobachten die Wellen und tauchen unsere Füße in den weißen Schaum der hereinspülenden Wellen. Bei Konsti sind es vielleicht auch nicht nur die Füße, die ein bisschen Meerwasser abbekommen.. Mal wieder müssen wir uns bewusst machen, dass wir gerade am anderen Ende der Welt unsere Füße in den Pazifik halten. Verrückt.






Wir spazieren entlang der Küste weiter. Es wird etwas steiniger, irgendwann ist wieder etwas mehr los. Wir sind direkt bei einem Parkplatz und was sehen unsere Äuglein dort? Ein mobiler 7eleven? Tatsache. Der kleine Laster versorgt seine Kund:innen auch noch wenige Meter entfernt vom Meer mit Snacks, gekühlten Getränken oder einer heißen Suppe. Wahnsinn, die Dichte an dieser Ladenkette ist wirklich unglaublich. Irgendwie ist es hier angenehm ruhig und entspannt, es ist nicht viel los und alles wirkt sehr entschleunigend. Wir sind keine großen Fans von Stadt-Schriftzügen, aber hier findet ausnahmsweise mal kein Minuten langes Fotoshooting statt, sodass wir schnell ein Erinnerungsfoto machen müssen. Langsam machen wir uns wieder auf den Heimweg, wir freuen uns schon auf eine heiße Dusche, das Beziehen unserer Zelle und natürlich auf unser Abendprogramm.


Taitung am Abend
Als es schon dunkel ist, begeben wir uns auf die Suche nach einer Lokalität für das Abendessen. Ausnahmsweise gehen wir heute essen und haben uns hierfür ein paar Optionen ausgeschaut. Die erste hat natürlich geschlossen, aber beim zweiten Stopp haben wir mehr Glück. Das vegane Restaurant hat eine offene Küche zur Straße hin, im hinteren Bereich sind hinter einer transparenten Folienwand ein paar Sitzplätze. Wir bestellen eine scharfe Nudelsuppe und ein Gemüse-Reisgericht. Es ist übrigens in Taiwan sehr üblich, dass man sich sein Besteck und auch Servietten, Getränke und Soßen selbst holt. Hier wird sogar darum gebeten, den Tisch selbst abzuräumen und die Sachen, aber warum auch nicht? Solange wir nicht spülen müssen 🤷🏻♂️🤷🏼♀️ Das Essen schmeckt super und wir bekommen noch eine klare Brühe sowie etwas Kimchi dazu. Köstlich und tatsächlich gar nicht so teuer, wie wir dachten. Im Anschluss machen wir noch einen Abstecher über den nahegelegen Nachtmarkt. Immer wieder entdecken wir noch neue und manchmal auch undefinierbare Speisen und Getränke. Was nirgendwo fehlen darf – der beißende Geruch von Stinky Tofu. Der scheint wirklich über das ganze Land verteilt auf große Zustimmung zu stoßen.



Nach dem Nachtmarkt schauen wir uns das Music Village an, hier gibt es insbesondere an Wochenenden ein Programm mit Livemusik und ein paar Ständen. Das erste, was uns allerdings von weitem auffällt, ist ein buntes Lichtermeer. Ja ist denn heut noch Weihnachten? Genau so sieht es tatsächlich aus. Nicht nur die Bäume sind voll behangen mit zahlreichen Lichterketten, es stehen dort sogar große Rentier- (oder Reh-?) Figuren, die hell erleuchtet sind und aussehen wie Patronusse (Patronaten? Patronauten?). Der Lichtertunnel grenzt dann schon fast ein bisschen an Kitsch, aber es finden sich ja irgendwie überall Leute, die diese Anlagen begeistert fotografieren.



Dann folgt irgendwann doch noch die Musik. Es ist eine kleine Bühne aufgebaut, die Menschen sitzen oder stehen davor uns lauschen der Musik. Rings herum gibt es noch ein paar Essens- und Getränkestände sowie ein bisschen Schmuck und Kunsthandwerk. Irgendwie erinnert uns das ganze nun nochmal mehr an einen Weihnachtsmarkt. Jetzt fehlt nur noch der heiße Glühwein und der Geruch von gebrannten Mandeln. Die Preise erscheinen uns ebenfalls Weihnachtsmarkt-konform. Gut, dass wir schon gegessen haben. Wir snacken auf dem Nachtmarkt trotzdem noch ein paar Süßkartoffel-Bällchen als kleinen Nachtisch. Dann geht’s zu Fuß nach Hause. Caro stellt sich für morgen den Wecker nämlich sehr früh.


Der frühe Vogel..
.. schwingt sich aufs Rad. Um 6 Uhr morgens startet Caro, selbstverständlich nach einem Kaffee mit dem Rad Richtung Küste. Der Blick auf die Küste und die dort entlang führende Straße sah einfach zu gut aus. Sie möchte sich das ganze nochmal vom Rad aus anschauen und fährt daher die Strecke ein Stück „rückwärts“. Während andere Menschen im Dunklen auf dem Weg zur Arbeit sind und ein paar junge Männer noch langsam nach einer durchzechten Nacht den Heimweg antreten, fährt sie erst durch die Stadt und dann weiter an die Küste. Der erste Zwischenfall ergibt sich durch einen Wachhund, der wenig begeistert von einem vorbeifahrenden Fahrrad zu sein scheint. Der mittelgroße schwarze Hund setzt zum Sprint an und bellt lautstark. Das hört sich alles andere als nach einem „Herzlich willkommen“ an, Caro muss kurz etwas panisch in die Pedale treten, um außerhalb der Hunde-Reichweite zu kommen. Puh, spätestens jetzt ist sie wach. Entgegen der eigentlichen Vorstellung geht es entlang der Küste immer wieder rauf und runter. Dafür ist der Ausblick ein Traum. Gerade als Caro am Meer ankommt, taucht sich der Küstenstreifen in das warme Licht der aufgehenden Sonne. Traumhaft schön.



Das Ziel für den heutigen Morgen ist eine alte Bahnstation, die Caro gegen 9.30 Uhr erreicht. Diese führt direkt am Meer entlang und ist ein beliebtes Fotomotiv. Nach 15 Minuten soll passender Weise ein Zug kommen, na das warten wir dann nochmal ab. Der Zug ist dann nur leider ein modernes Modell und keine schöne alte Eisenbahn wie auf den Fotospot-Motiven. Naja, trotzdem ist es hier ganz schön. Dann geht es zurück. Der Rückweg ist anstrengender als gedacht, dafür fährt sie nun auf der richtigen Fahrbahn mit direktem Blick aufs Meer. Noch ist der Himmel strahlend blau und die Sonne scheint. Irgendwann tauchen ein paar Palmen am Wegesrand auf. Das sieht ja schon fast eher nach Hawaii aus. Wie schön!






Ausflug zu..
Zurück zuhause wartet Konsti schon mit Frühstück und heißem Kaffee. Genau das richtige, Caro hat richtig Hunger und Kaffee gegen die Müdigkeit ist genau das richtige. Nach einer kurzen Pause in der Zelle beschließen wir, es mit dem Fahrrad in anderer Richtung zu versuchen. Wir hoffen, das das Knie das vielleicht schon besser mitmacht. Leider nein, falsch gedacht. Schon nach ein paar Metern ist eigentlich klar, dass wir so unser 40 Minuten Fahrzeit entferntes Ziel nicht erreichen werden. Wir nutzen nochmal die „Zieh-Technik“ von gestern, aber auf Dauer ist das leider keine richtige Lösung und auch so tut Konstis Knie weh. Gut, dann ändern wir das heutige Ausflugsziel: Wie wäre es mit einem 7eleven? Wir machen Pause, snacken eine Kleinigkeit und trinken noch einen Kaffee. Danach machen wir uns etwas niedergeschlagen wieder auf den Heimweg. Egal, dann fahren wir eben nochmal ans Meer, davon kann man ja schließlich nie genug bekommen.
Ansonsten passiert im Taitung nicht mehr viel. Wir beschließen, nochmal im dem köstlichen Restaurant von gestern Abend essen zu gehen. Heute testen wir den Pilz-Reis und nochmal scharfe Nudeln, aber in anderer Variation. Beide Gerichte sind wieder sehr gut. Vor allem die scheinbar in Sojasoße eingelegten und gebratenen Pilze schmecken in der Kombination sehr gut. Und natürlich die dicken Udon Nudeln – hmmm.


Da heute der „Test“ ganz gut funktioniert hat, beschließt Caro die morgige Etappe mit dem Rad zu fahren und beim Etappenziel zu Konsti in den Zug hinzu zu steigen. Ob das alles gut klappt, erzählen wir euch beim nächsten Mal.