Letzte Etappe
Wir gehen es an. Noch ein letztes Mal verbringen wir heute den Tag mit Helgi und Gigi, bevor sich unsere Wege heute trennen. Umso mehr freuen wir uns, dass wir uns zumindest am letzten Tag gemeinsam auf den Weg in die Hauptstadt machen. Die Strecke ist nicht weit und auch die Höhenmeter sind überschaubar. Der einzige Minuspunkt – es regnet immer noch. Aber auch der Regen lässt irgendwann nach, obwohl er seine Spuren hinterlässt. Jacke, Hose und unsere Beine sind dunkel mit Dreck besprenkelt. Das letzte Stück der Strecke gefällt uns besonders und lässt uns etwas wehmütig werden. Wir fahren entlang des Flusses, mittlerweile ist die Sonne herausgekommen und mit ihr auch Menschen, die diese genießen. Auf den breiten, gut ausgebauten Radwegen sind Fahrradfahrer:innen unterwegs, auf den zahlreichen Basketball- und Baseballplätzen wird trainiert, in der Halfpipe wird geskatet und manche Leute spazieren einfach mit ihrem Hund am Fluss entlang. Der Lifestyle gefällt uns hier einfach gut. Obwohl wir uns mitten in der Hauptstadt befinden, gibt es überall grüne Flecken und man bekommt wenig von der Hektik der Hauptstadt mit. Wir machen noch ein letztes Erinnerungsfoto und müssen uns dann von unseren treuen Wegbeleitern verabschieden.





Es hat wirklich Spaß gemacht und vielleicht kommen wir ja irgendwann nochmal zurück und geben der Inselumrundung eine zweite Chance. Neben dem Radfahren gibt es noch viele weitere Highlights (u.a. einen Nationalpark im Süden, den Sonne-Mond-See mitten in Taiwan und die ein oder anderen heißen Quellen). Lust hätten wir auf jeden Fall und irgendwie auch den Ehrgeiz unseren ursprünglichen Plan irgendwann noch in die Tat umzusetzen. Wir tauschen die Räder gegen unsere großen Rucksäcke und machen uns auf den Weg ins Zentrum. Für die kommenden beiden Nächte haben wir ein Bettchen in einem zentral gelegenen Hostel, bevor wir nochmal in das Hostel umziehen, in dem wir zu Beginn gewohnt haben.


Erkundungstour am Abend
Nach unserer Ankunft ist uns nach einer heißen Dusche, bitte einmal den Dreck von den Beinen abwaschen! Danach ist auch schon Abendessenszeit und da wir im neuen Hostel in der Nähe des Bahnhofs wohnen, können wir einen weiteren Tipp von Taco und Tim testen. Ein vegetarisches Restaurant im Untergeschoss einer Mall. Wir rechnen mit einem Foodcourt im UG in einer Mall, wie man ihn auch in Deutschland kennt. Mehrere „Restaurants“ mit kleinen Sitzbereichen. Das hier hat allerdings ein anderes Level. Es gibt zig verschiedene Läden, man verläuft sich quasi schon auf der Suche nach dem richtigen Laden. Es gibt so ziemlich alles und hungrig treiben wir uns gegenseitig an, das richtige Lokal zu finden, statt immer wieder an überteuerten Leckereien hängen zu bleiben. Ganz hinten links werden wir dann fündig. Es gibt ein vegetarisches Buffet und wir können unsere Teller füllen. Am Ende wird alles abgewogen und bezahlt. Mal wieder wissen wir bei der Hälfte der Fleischersatz-Gerichte und frittierten Teig-Mopeds nicht, was eigentlich dahinter steckt. Manchmal ist das tatsächlich eine Überraschung. Wir probieren uns durch und befüllen die Teller. Danach suchen wir uns einen Platz in der Mitte des Food Courts, es ist mehr als gut besucht und wir haben Glück, dass neben uns zwei Plätze an einer langen Tafel frei werden. Das Essen schmeckt sehr gut und wir werden mehr als satt. Danke für den köstlichen Tipp!


Ximending by night
Nach dieser Stärkung machen wir noch einen kurzen Abstecher ins Ximending Viertel. Es gilt als das Vergnügungsviertel der jungen Taiwanes:innen. Besonders am Abend ist es für uns die reinste Reizüberflutung. Neben zahlreichen Geschäften und vielen Menschen, blinkt es an jeder Ecke. Die hohen Gebäude strotzen nur so von grellen LED Werbeflächen, die ein Bewegtbild ans Nächste reihen.


Irgendwie hat es trotzdem seinen Charme. Neben Souvenirshops, Kleidungsgeschäften, Tattoo-Studios und Snackverkaufsständen, haben sich hier auch ein paar Künstler:innen platziert, die (mal mehr und mal weniger vielversprechende) Portraits innerhalb kürzester Zeit anbieten. So manch ein Zeichenstil passt genau hierher – we like! Portraitieren lassen wir uns natürlich trotzdem nicht 😀
Der typische Foto Hotspot in Form des Taipei Regenbogenschriftzuges ist ebenfalls genau hier und auch am Abend ist dieser noch hoch frequentiert. Und was uns hier ebenfalls noch auffällt: Sehr weit weg von Europa sehen wir hier viele ukrainische Flaggen und anscheinend gibt es seit Kurzem auch eine Partei, die sich mit der Ukraine solidarisiert. Die Gründe dafür liegen wahrscheinlich auf der Hand. Nach dem kleinen Spaziergang treten wir langsam wieder den Heimweg an, morgen steht Sightseeing auf dem Programm.



Wir lieben Free Walking Touren
Die Überschrift fasst es gut zusammen. Das heutige Programm besteht aus einer Free Walking Tour in Taipei. Die letzte Tour war ja in Hanoi und entsprach nicht so ganz dem Prinzip einer Free Walking Tour wie die, die wir aus Europa kennen. Cool war es natürlich trotzdem. Heute wird es aber nochmal ganz klassisch. Unser Guide Manuel kommt zwar aus Portugal, lebt aber schon seit 7 Jahren in Taiwan und hat auch eine Taiwanesin geheiratet. Er weiß bestens über alles Bescheid und beantwortet alle Fragen. Davon gibt es heute ausgesprochen viele, wir haben eine sehr gemischte Gruppe mit verschiedensten Herkunftsländern (Russland, USA, Litauen, Polen, Frankreich und Australien).

Die Fragen machen die Führung sehr interessant und kurzlebig. Wir treffen uns direkt in der Nähe unseres Hostels im Friedenspark, wo auch die Tour beginnt. Wir nehmen euch ein bisschen mit.
228 Peace Park
Im zentral gelegenen Park befindet sich nicht nur das Nationalmuseum von Taiwan, sondern auch mehrere Denkmäler, eine Musikkapelle und Sportplätze. Die Gedenkstätte für die Opfer des Zwischenfalls vom 28. Februar 1947 besuchen wir ebenfalls. Ein Streit zwischen einer Zigarettenverkäuferin und einem Anti-Schmuggel-Beamten am 27. Februar 1947 löste eine öffentliche Unruhe aus, die durch chinesisches Militär gewaltsam niedergeschlagen wurde. Zwischen 10.000 und 30.000 Zivilist:innen kamen dabei ums Leben. Heute gilt der 28. Februar in Taiwan in Gedenken daran als ein Friedenstag und zugleich staatlicher Feiertag.


Nach dieser kleinen Geschichtsstunde gehen wir gemeinsam zum von Manuel betitelten „walk of pain“. Vor uns liegt ein mit Steinen gepflasterter Weg. Allerdings stehen die abgerundeten Steine weit in die Höhe. Er leitet uns an, unsere Schuhe auszuziehen und es den älteren Taiwanes:innen gleich zu tun: Diese gehen nämlich immer wieder barfuß oder mit Socken über die Steine, um so ihre Fußreflexzonen zu massieren. Ein entsprechendes Schild mit der Erklärung der Reflexzonen ist direkt neben dem Weg aufgestellt. Autsch! Das tut ganz schön weh, aber vor der Gruppe wollen wir uns natürlich nicht blamieren und ziehen es bis zum Ende durch. Für den Rückweg nehmen wir dann aber doch die Abkürzung an der Seite. Manuel empfiehlt uns, sofern wir noch Zeit haben, einen traditionellen chinesischen Arzt aufzusuchen. Viele Menschen vertrauen hier auf die traditionelle Medizin. Definitiv interessant, aber prinzipiell zählen Arztbesuche bei uns beiden nicht wirklich zu den top ten der Freizeitbeschäftigungen.


Altstadt und Präsidentenpalast
Als wir den Park verlassen, werfen wir einen Blick nach links. Ca. 100 Meter entfernt, befindet sich das ehemalige Ost-Tor der Stadt. Früher war Taipei von einer Stadtmauer mit vier und später fünf Toren umgeben. Von der Stadtmauer ist heute nichts mehr übrig, ein paar Überreste der Tore lassen sich aber noch anschauen. Die Tore waren jeweils in die Himmelsrichtungen ausgerichtet. Und warum fünf? Die Königsfamilie ließ sich damals ein eigenes Tor im Süden bauen, um einen privilegierten Zugang zur Stadt zu nutzen. Rechts um die Ecke folgt dann der heutige Präsidentenpalast. Er ist gut bewacht und Manuel stellt uns mal wieder die Frage, wer das Gebäude gebaut hat. Es kann nur eine richtige Antwort geben: die Japaner. So ziemlich alle europäisch aussehenden Gebäude (insbesondere mit Säulen) wurden während der japanischen Besatzung errichtet.


Wir können mal wieder unsere Fragen stellen und schnell bewegen wir ins in die Richtung der aktuellen politischen Situation. Manuel antwortet „neutral“. Die Menschen hier reden nicht viel und gerne darüber, insbesondere die ältere Generation. Ansonsten ist die zusammengefasste Antwort, dass man nie weiß, was in Zukunft kommen wird und dass die Situation eigentlich seit Jahren gleichbleibend war, mal mehr, mal weniger bedrohlich eben. Land kaufen würde er hier aktuell aber nicht. Na, das ist ja auch schon eine Aussage..
Von der Schuhstraße zum Probier-Getränk
Wir ziehen weiter zu einer Einkaufsstraße. Heute sind hier verschiedenste Läden uns Verkaufsstände zu sehen. Wenn man allerdings genau hinschaut, entdeckt man auf dem Boden noch einen Hinweis, was hier früher verkauft wurde. Auf einem kleinen Stein ist ein Schuh abgebildet. Ausschließlich Schuhe wurden hier damals verkauft. Wir schlendern zwischen kleinen Verkaufsstraßen entlang. Überall wird Kleidung vertrieben und wenn man genau hinschaut, ist es wirklich süß anzusehen, wie ältere Damen interessiert die Kleidung nach einem Schmuckstück durchstöbern, mit den Verkäufer:innen in unterhaltsame Gespräche vertieft sind und in ihren Schläppchen durch die Straßen ziehen. Während diese Verkaufsstraßen für uns wie billiger „Ramsch“ wirken, sind sie doch für andere Menschen der Mittelpunkt einer Shoppingtour und gehören für sie zum Alltag. Eine kleine Erinnerung an uns, dass wir auch an solchen Orten einfach die Augen offen halten und diese alltägliche Treiben beobachten, statt einfach nur schnurstracks mit schnellem Tempo vorbeizulaufen.


Manuel führt uns nun zu einem seiner Lieblings-Getränkestände. Oder zu dem Stand, der ihm jedes Mal ein Getränk ausgibt, wenn er mal wieder eine Gruppe Touris hierher führt – das wissen wir natürlich nicht :D. Jedenfalls testen wir hier mal etwas neues: Aus der Stärke einer Feigenfrucht wird hier eine Art „Gelee“ hergestellt, ähnlich dem Chia-Samen-Gelee, den wir kennen. Dazu wird eine leicht gesüßte Zitronenlimonade gegeben. Es schmeckt, sagen wir mal „okay“. So ganz verstehen wir diese Zugabe von Bubbles, Gelee oder Wackelpudding-ähnlichen Würfelchen in Getränken nicht. Die Limo ist lecker, nicht zu süß und leicht zitronig, aber der Gelee schmeckt eigentlich nach gar nichts. Aber gut, einen Versuch war es wert.

Ximending, die Zweite
Das Ende unserer Tour ist das Xingmending Viertel. Hier halten wir am roten Haus. Es wurde 1908 errichtet und gehört zu den ältesten Häusern des Viertels. Zum einen ist es besonders, da die Form des Gebäudes ein Oktagon ist und zum anderen die vielseitige Nutzung dieses Gebäudes. Ursprünglich wurde es als Markthalle gebaut, beheimatete seitdem aber auch ein Theater, ein Kino und ein Porno-Kino (was komischerweise wenig Anklang in der Bevölkerung fand). Heute befinden sich wieder kleine Geschäfte im Inneren. Außerdem bekam das rote Haus auch in der LGBTQIA+ Szene eine Bedeutung. Hinter dem Gebäude trafen sich „etwas versteckt“ Homosexuelle und auch heute befindet sich dort viele Bars, die offensichtlich LGBTQIA+ freundlich sind. Als wir abends dort etwas trinken gehen wollten, war allerdings nicht besonders viel los. An sich ist es aber ganz cool, da es viele Außenbereich zum Sitzen gibt.

Zeit zum Verabschieden. Die fast dreistündige Tour endet hier. Wir verabschieden uns mit einem Trinkgeld bei Manuel und den anderen Teilnehmer:innen und machen uns auf den Weg zu unserem Hostel. Wir brauchen eine kleine Pause und einen Snack. Stets auf der Suche nach einem nicht allzu ungesunden und teuren Snack landen wir heute bei einem Salat mit einer Süßkartoffel für Caro und einem Käsegebäck für Konsti. Dazu einen köstlichen Instant-Kaffee, aber hey, wach macht er. Danach müssen wir uns etwas aufraffen, aber unser nächstes Ziel steht schon fest:
Dadaocheng
Das Dadaocheng-Viertel liegt nördlich der Altstadt und ist uns von Jo empfohlen worden. Wir machen uns zu Fuß auf den Weg und kommen nach ca. einer halben Stunde bei der Dihua Oldstreet an. Schlagartig ist ziemlich viel los. Kein Wunder, die Vorbereitungen für das chinesische Neujahr scheinen auf Hochtouren zu laufen. Die kleine Fußgängerzone ist voll mit Menschen.





Neben den Geschäften am Straßenrand gibt es weitere Straßenstände, die Snacks und Produkte in großen Mengen verkaufen. Wir rätseln, ob es mit den Weihnachtseinkäufen in Deutschland vergleichbar ist. Verschiedene Leute haben uns mittlerweile berichtet, dass das chinesische Neujahr mit unserem Weihnachten verglichen werden kann. Man kommt mit der Familie zusammen, es wird viel gekocht, gegessen und gemeinsam mehrere Tage gefeiert. Wahrscheinlich haben die Leute zum Teil jetzt schon frei und stimmen sich auf die Feiertage ein. Wir flüchten in ein paar kleinere Nebenstraßen, hier gibt es lauter kleine süße Geschäfte und Cafés.




Eins kann man nicht leugnen: Die Liebe der Taiwanes:innen zu Hunden und vor allem Katzen. Überall sieht man süße und niedliche Produkte mit Katzenköpfen. Ob diese in irgendeiner Form nützlich und gebräuchlich sind lassen wir jetzt mal außen vor, süß anzuschauen sind sie allemal. Die Cafés sehen auch einladend aus, schaaade, dass wir schon einen Instant-Kaffee hatten.. Wir folgen wieder dem Strom der Hauptstraße. Immer wieder sehen wir übrigens große aufgeblasene Drachenfiguren, rot leuchtende Deko und kitschige Ankündigungen für das Neujahr. Dazwischen natürlich immer wieder Hunde in „Kinderwagen“, das nimmt hier kein Ende. Dabei spielt übrigens die Größe des Hundes keine Rolle. Was wir allerdings häufiger feststellen: Die Kombination aus Kinderwagen und Kleidung am Hund. Aber logisch, wenn der Hund sich nicht selbstständig durch Bewegung „warmlaufen“ kann, dann braucht er natürlich einen Rollkragenpulli, Steppjacke, Hoodie und eine Halskette (WTF?!?!). Passend dazu sichten wir übrigens sogar einen Pudel mit gefärbten Haaren an den Öhrchen. Wir sind zu beschäftigt mit offenem Mund hinterherzuschauen, also leider kein Foto für euch..


Irgendwann treten wir den Heimweg an. Dazu laufen wir entlang des Flusses. Auch hier ist viel los. Entlang des Flusses sind ein paar Container, die Snacks und Getränke verkaufen. Eine richtig coole und entspannte Atmosphäre. Die Sonne scheint und die Menschen genießen die Sonnenstrahlen gut eingepackt mit einem Kaltgetränk auf den Dächern oder weiteren Sitzplätzen neben den Containern. Es gibt tatsächlich Hundebesitzer:innen, die mit ihren Hunden hier Gassi gehen, Radfahrer:innen, Kinder und einen Mann mit einem Lenkdrachen. Genau diese Atmosphäre lieben wir an Taiwan. Einfach schön. Aber weiter geht’s, für heute sind wir noch nicht durch mit unserem Sightseeing-Programm.



Chiang-Kai-Shek-Gedächtnishalle
Jetzt könnte sich der oder die ein oder andere fragen: Warum gibt es eine Gedächtnishalle für einen Autokraten, der dem Land bzw. den Menschen, die hier leben tendenziell eher mehr Leid als etwas Positives zugeführt hat? So ganz können wir diese Frage leider nicht beantworten. Schlichtweg weil wir es selbst nicht ganz nachvollziehen oder verstehen können. Manuel hat versucht es damit zu begründen, dass Chiang Kai-Shek ja nicht nur „Schlechtes“ getan hat, sondern auch den Boden für das heute demokratische und offene Taiwan geebnet hat. Und früher hätte es wohl überall diese Statuen gegeben und heute halt nur noch wenige, was bedeutet, dass man auf einem richtigen Weg wäre. Ja, keine Ahnung, ob das eine riesige Gedächtnishalle mit einer riesigen Bronze-Statue rechtfertigt. Kleiner Wikipedia-Schwenk: Es gab wohl in der Vergangenheit (2007) eine kurzzeitige Umbenennung der Halle in „Nationale Taiwan-Demokratie-Gedenkhalle„. Nach Protesten und Streitigkeiten über die Entscheidungskompetenz und Zuständigkeiten wurde die Halle kurzerhand im gleichen Jahr wieder „zurück benannt“. Zumindest ein angrenzender Platz wurde in Platz der Freiheit umbenannt.




Weirder Vergleich, aber auch in Deutschland kommt es ja immer wieder zu Umbenennungen von Straßen und Plätzen, die nach Gestalten benannt sind, die beispielsweise während der NS-Zeit Schuld auf sich geladen haben – und das ist eben auch gut so. Aber wir können uns nur schwer vorstellen, dass man in Berlin heute noch eine Hitler-Statue stehen hätte.
Rund um die Gedächtnishalle liegt eine weitläufige Parkanlage. An der Nordseite liegt außerdem noch die Nationale Konzerthalle und an der Südseite das Nationaltheater. Die Gebäude erscheinen uns alle sehr imposant und auch die Anlage wird sehr gepflegt. Anscheinend kommen jeden Tag viele Besucher:innen hierhin. Jetzt ist aber Schluss mit Sightseeing für heute. Wir begeben uns auf den Heimweg und freuen uns auf eine Dusche.


Foto-Challenge accepted
Irgendwas müssen wir heute aber noch essen. Wir steuern heute mal Manuels Empfehlung an: ein vegetarisches Buffetrestaurant. Als wir ankommen, ist das Buffet schon fast komplett abgebaut. Die Reste werden noch in kleine Pappbecher (ähnlich eines Eisbechers) gefüllt. Anscheinend gibt’s eine Art Reste-Angebot. Wir schnappen uns ein paar Becher und fragen, ob wir uns noch setzen dürfen. Das ist kein Problem, der Besitzer ist sogar erfreut, uns zu sehen. Wir kommen ins Gespräch und er berichtet, dass er letzte Woche erst in Frankfurt war, um Freunde zu besuchen. Lustig.

Die Reste-Auswahl ist nicht sonderlich groß, aber wir werden satt und es schmeckt auch ganz gut. Dann ziehen wir weiter. Noch zwei Kleinigkeiten, die typisch Taipeh sind: Erstens gibt es in jeder Metro-Station Regenschirme zum Mieten. Wie bei uns Fahrräder oder E-Scooter kann man sich hier über eine App Regenschirme mieten, wenn es nach dem Aussteigen aus der Metro draußen regnet. Zweitens sieht man fast an jedem Gebäude Aufkleber, die auf den nächsten Schutzbunker deuten, was einem ein bisschen mulmiges Gefühl gibt, da es diese Bedrohung irgendwie konkreter macht.


Wir haben heute noch ein letztes to do, die Erfüllung unserer Foto-Challenge für diesen Monat. Unsere Aufgabe: Mit einer Finanzspritze von Doro in Form von 10 Euro dürfen wir uns ein Getränk auf ihre Kosten genehmigen. Wundervoll! Da sagen wir doch nicht nein 🙂 Abgesehen vom Honigbier, auf das uns Nadja und Lukas eingeladen haben, waren bisher sehr enthaltsam in Taiwan. Daher freuen wir uns jetzt umso mehr zum Ende unserer Zeit hier in Taiwan ein lokales Bier auswärts trinken zu gehen. Aber wo nur? Wir steuern erstmal die Lokale hinter dem Roten Haus an. Hier ist nicht sonderlich viel los, irgendwie hatten wir uns eine gemütlichere Atmosphäre erhofft. Wir ziehen weiter und landen schließlich in einer ganz coolen Bar. Cheers! Wir trinken ein Bier (leider nicht wie erhofft zum halben Happyhour-Preis – es ist ja Sonntag!). Aber es schmeckt uns trotzdem und ein Beweisfoto haben wir natürlich auch! Gaaaanz vielen lieben Dank für diese Einladung am anderen Ende der Welt liebste Doro 🙂 Das nächste Kölsch geht auf uns!


Longshan-Tempel und die Wahrsager-Straße
Heute ist Umzug angesagt: Vom einen Hostelzimmer ins nächste, um genau zu sein. Es geht wieder ins WorkInn 101 etwas außerhalb der Altstadt, aber dafür im belebten Viertel 101, in dem sich eher die Taiwaner:innen mit etwas mehr Geld treffen. Daher wollen wir heute Vormittag noch einen Abstecher zum Longshan-Tempel. Der „Drachenbergtempel“ wird bei unserer Ankunft ebenfalls gerade fleißig geschmückt. Der Tempel wurde 1783 von Einwander:innen aus China errichtet. Sein Grundriss ist dem chinesischen Schriftzeichen 回 nachempfunden, im Zentrum des viereckigen Innenhofes befindet sich die Haupthalle des Tempels. Das ist die typische Palast-Form der traditionell-chinesischen Architektur. Außerdem ist es angeblich der älteste Tempel der Stadt Taipeh. Außerdem fällt uns hier noch etwas ganz besonders auf: Immer wieder werfen kniende Tempelbesucher:innen kleine rote Holzstückchen in Form eines Halbmondes auf den Boden. Sie dienen als Orakel, ob der jeweilige Gott die Frage des Betenden überhaupt anhören will. Nur wenn ein Holzstück mit dem Rücken nach oben und eines mit dem Rücken nach unten liegt, darf man sein Problem im stillen Gebet schildern und erhält als Antwort einen Orakelspruch.




Schräg gegenüber des Tempels, etwas versteckt im Untergeschoss befindet sich noch ein kleiner Geheimtipp. An alle leicht abergläubigen Mäuschen unter euch, spitzt die Öhrchen, wir begeben uns auf die längste Wahrsager-Gasse des Landes. Hier können sich die Menschen nicht nur von „professionellen“ Wahrsager:innen die hoffentlich vielversprechende Zukunft voraussagen lassen, auch kleine Vögelchen in noch viel kleineren Käfigen erfüllen diese Dienste. Jetzt wissen wir auch wo der Spruch „Welches Vögelchen hat dir das denn gezwitschert?“ seinen Ursprung hat. Die richtige Antwort kann also nur „Der Vogel von der Wahrsager-Gasse in Taipei.“ lauten. Wir sind fasziniert von diesem Berufsbild und noch faszinierter von den mit Gesichtern verzierten „Werbebannern“ vor den kleinen Kabinen. Lustigerweise sehen wir das Werbegesicht einer Dame nicht nur an einer Wahrsager-Kabine. Sogar auf Englisch kann man sich angeblich seine Zukunft voraussagen lassen. Wir müssen zugeben, ein kleines bisschen juckt es uns schon in den Fingern, was würde die nette, vertrauenswürdige Dame uns wohl voraussagen? Wahrscheinlich eine Hochzeit, drei Kinder, viel Glück und Reichtum. Wir sparen uns die umgerechnet ca. 20 Euro und ziehen weiter. Wir werden schon sehen, was die Zukunft bringt 😉




Auf dem Weg zurück zum Hostel machen wir dann noch einen schnellen Abstecher durch Ximending, hier gibt es eine noch von uns nicht besuchte Straße mit Streetart. Die wollen wir uns dann doch noch schnell anschauen.


Ebenso wie den Bubble Tea von Xing Fu Tang. Am ersten Abend war hier eine richtig lange Schlange und auch jetzt ist wieder richtig was los. Was genau es hier gibt, wissen wir nicht, aber es scheint ja gut zu sein. Also stellen wir uns an, bestellen den „Bestseller“ und dürfen an einem kleinen Gewinnspiel teilnehmen. Caro hat Glück und gewinnt tatsächlich 10 Taiwan Dollar gewonnen – yeah! Und dann wird unser Getränk direkt vor unseren Augen finalisiert. Instagram-konform ansprechend natürlich hinter einer Glasscheibe, mit ausgewiesenem Foto-Spot. In einen Becher wandern braune Tapioka-Zuckerperlen mit Zuckersirup. Oben drauf wird, so interpretieren wir es zumindest, Milch gegossen. Diese ist leicht aufgeschäumt und der zuletzt drapierte Zucker wird dann nochmal wie bei einer Creme Brulee angeflemmt. Klingt fancy, ist es auch. Aber da jeder Handgriff sitzt und hier tagtäglich wahrscheinlich Massen abgefertigt werden, passiert das alles schneller als wir schauen können. Ein paar Fotos haben wir natürlich trotzdem geknipst. Nach genauer Anweisung rühren wir 13x um (keine Ahnung, wie viele Mal es nach der Empfehlung tatsächlich waren) und dann kommen wir in den Genuss, der gesüßten Milch. Es schmeckt um Längen besser als der erste Bubbletea, den wir zu Beginn in Tapei hatten, aber wie gesagt: Diese kleinen Kugeln sind uns immer noch etwas suspekt.



Erst Umzug dann Aufstieg
Zurück im Hostel essen wir noch schnell unsere Reste vom gestrigen Abendessen (da waren unsere Augen nämlich größer als unser Hunger) und holen unsere Rucksäcke ab. Mit der U-Bahn machen wir uns auf den Weg zum Workinn101 und beziehen unsere kleine Schlafkabine. Wieder oben, Mist! Untere Betten sind in unseren Augen deutlich vorteilhafter. Egal. Dafür hat jemand seine Perrücke mitgebracht und diese mitten im Dorm drapiert, nur ein wenig Creepy. Wir verweilen nur kurz, denn heute haben wir noch eine Kleinigkeit vor.

Wir statten dem sogenannten Elephant Mountain einen Besuch ab. Direkt aus der Stadt kann man über Treppen und einen kleinen Wanderweg auf einen kleinen Stadthügel laufen, von wo man einen schönen Blick auf die Stadt haben soll. Wir sind erstaunt, wie schnell man im Grünen ist, um uns herum sind tatsächlich jeder Menge große Bäume und alles ist ziemlich zugewachsen. Die Treppen haben es auch in sich, obwohl der Weg nach oben nur 25 Minuten dauern soll.

Aber das wichtigste: Die Aussicht lohnt sich definitiv! Es ist zwar bewölkt und es fängt auch irgendwann leicht an, zu nieseln, aber wir haben einen richtig schönen Ausblick auf die Skyline, die von hier oben noch ein bisschen imposanter und größer erscheint. Wirklich verrückt, wie klein im Vergleich deutsche Städte erscheinen. Wir überlegen noch, ob wir warten, bis es dunkel wird, entscheiden uns aber glücklicherweise dagegen.



Unten angekommen gehen wir noch schnell einkaufen und dann fängt es richtig an, zu regnen. Wir begeben uns schnellstens nach Hause und freuen uns auf die Küche im Hostel. Heute wird gekocht, zum Baguette holen wir noch schnell Zutaten für einen Salat und kaufen direkt ein paar Sachen für morgen ein. Nach dem Essen fallen wir nur noch ins Bett.


Fleißiger Start in den Tag
Da unser eigentliches Tagesprogramm erst um 14 Uhr beginnt, verbringen wir den Morgen mit etwas mühsamen Planungen für Südkorea. Da wir wenig Zeit haben, wollen wir diese natürlich möglichst effizient nutzen und merken schnell, dass es dieses Mal ausnahmsweise auch sinnvoll sein könnte, die Unterkünfte vorab zu buchen. Das versuchen wir ja eigentlich immer zu vermeiden, um möglichst flexibel zu sein, aber viele Unterkünfte (die bezahlbar sind) gibt es schon gar nicht mehr. Während Caro also 1.000 Unterkünfte mit noch viel mehr lustigen Rezensionen durchstöbert und die Kosten umrechnet, ist Konsti mit wesentlich nervenaufreibenderen Dingen beschäftigt: Flüge buchen. Nichts für Caro, 1.000 Verbindungen, Airlines, Daten, Umstiege, Uhrzeiten, Preise und Umstiegszeiten checken.. Zur Belohnung gehen wir um die Ecke in ein vegetarisches Restaurant und sind unerwartet begeistert. Vor allem die veganen Dumplings sind hervorragend. Da steigt die Laune doch direkt wieder.




Date mit Jo
Dann rückt es näher: Unser Date mit Jo. Kennengelernt haben wir uns bei der 7 Seen Wanderung in Tadschikistan. Gemeinsam mit ein paar anderen Reisenden sind wir den zweiten Tag gemeinsam nach oben und wieder zurück zur Unterkunft gewandert. Beim Abendessen haben wir wir dann noch erfahren, dass Jo Tätowiererin ist. Wie lustig! Kurzerhand kam die Idee, dass es ja total lustig wäre, sich in Taiwan von ihr tätowieren zu lassen. Ihr erinnert euch? Genau, Konstis Geburtstagsgeschenk wird heute eingelöst. Was wir allerdings erst kurz vorher auf ihrer Instagram-Seite entdecken: Sie macht „Handpoke-Tattoos“, sprich, sie tätowiert ohne eine Maschine, sondern mit einer Nadel von Hand. Wie genau das abläuft, ob das weh tut und wie das ganze dann nachher aussieht, wissen wir ehrlich gesagt nicht. Aber man kann sich ja auch mal überraschen lassen 🙂
Jo hat ihr Studio Zuhause. Der größte Vorteil für uns: Wir lernen ihren süßen einäugigen Kater kennen. Der ist richtig richtig süß. Und wir freuen wahnsinnig, Jo wiederzusehen. Irgendwie verrückt, dass man irgendwo auf der Welt oder eher irgendwo in Tadschikistan so nette Menschen kurz kennenlernt und sich dann irgendwo anders auf der Welt wiedersieht. Wir hoffen sehr, dass es all diese Menschen irgendwann mal in die Nähe unserer Heimat verschlägt. Wer möchte schließlich nicht mal im regnerischen Oberberg zwischen den abgeholzten Wäldern nach dem Borkenkäfer-Befall wandern gehen oder im Sommer eine Runde in der 18 Grad „warmen“ Ostsee planschen? Bali kann einpacken
Zurück zum Tattoo: Caro macht den Anfang und Konsti schaut sich erstmal genau an, wie Jo tatsächlich mit einer Tattoonadel, die sie vorher in Farbe tränkt, Stich für Stich Farbe unter Caros Haut bringt. Verrückt, wie Jo das macht. Wir sind beide fasziniert und stellen schnell fest: Es tut wesentlich weniger weh, als mit einer herkömmlichen Maschine. Konstis Tattoo dauert etwas länger, aber gegen 17:30 Uhr sind wir beide fertig und sehr zufrieden. Was für eine schöne Erinnerung an unser Wiedersehen.



Und an der Stelle dann von Konsti auch noch einmal: Ganz ganz ganz vielen lieben Dank für dieses coole Geschenk, die Idee und die heimliche Organisation! Wer kann schon behaupten, dass er sich in Taiwan ein Tattoo von Hand hat stechen lassen?!
Dann macht Jo noch einen kurzen Ausflug mit uns. Sie erzählt uns, dass es üblich ist, das man besonders vor Neujahr Rubbellose kauft und sein Glück versucht. Ein bisschen erinnert uns das an die spanische Weihnachtslotterie „El Gordo“. Wir bekommen von Jo ein Rubbellos gekauft und dürfen unser Glück versuchen. Wären wir gestern doch noch zur Wahrsagerin gegangen, sie hätte sicher schon gewusst dass wir heute kein Losglück haben.. Schade Marmelade, aber trotz freuen wir uns sehr, dass wir noch ein kleines bisschen von der Kultur hier mitnehmen konnten. Wir verabschieden uns von Jo und hoffen sehr, dass wir uns irgendwo auf der Welt nochmal wiedersehen. Vielleicht ja sogar in Köln.

Den Abend verbringen wir gemütlich im Hostel und kochen uns eine leckere Pasta mit Zucchini. Auch wenn wir immer improvisieren müssen und die Gegebenheiten nicht immer die besten sind, dieses selbst gekochte Essen ist einfach vorzüglich.
Haken sammeln
Unsere to do Liste ist gefühlt unendlich lang. Heute wollen wir unbedingt noch ein paar Dinge abhaken, bevor es heute Abend zum Flughafen geht. Wir beschäftigen uns in erster Linie mit weiteren Planungen und wollen heute unbedingt unsere Flüge buchen, Unterkünfte für Südkorea abhaken und Insta wieder etwas auf den aktuellen Stand bringen. Mit dem Blog brauchen wir heute schon gar nicht weitermachen, da hängen wir aktuell ewig hinterher, aber egal. Zur Not muss die Zeit beim Housesit in Tokio dafür herhalten. Zur Belohnung drehen wir heute eine kleine Spazierrunde in der Gegend ums Hostel. Natürlich können wir uns ein letztes Abschiedsmittagessen im köstlichen Restaurant von gestern nicht entgehen lassen. Als Nachtisch gibt’s noch ein Sesam-Bun. Diese mit schwarzem Sesam gefüllten Teig-Mopsis erinnern uns irgendwie an deutsches Mohngebäck, leicht herb, dennoch süß und naja, was sollen wir sagen? Köööstlich!


Wir wollen eigentlich noch in einen Park spazieren, aber es fängt immer mehr an, zu regnen. Wir suchen kurz Zuflucht in einem überdachten Blumenmarkt und machen uns dann doch mit der Bahn auf den Weg nach zurück ins Hostel.




Wir erledigen noch ein paar Dinge, gehen duschen, packen unseren Kram „flugzeugtauglich“ und machen uns dann gegen 20 Uhr langsam auf den Weg zum Flughafen. Es regnet in Strömen als wir zur Bahn laufen. Heute dauert gefühlt alles etwas länger. Aber irgendwann kommen wir am Flughafen an, checken ein und schlagen irgendwie die Zeit bis 1:45 Uhr tot, dann geht nämlich erst unser Flug.
Wir verabschieden uns schweren Herzens von Taiwan – schön wars!