Zurück in Usbekistan
Caro hatte (mal wieder) keine so gute Nacht und hat erneut mit dem altbekannten Problem zu kämpfen 💩. Wir starten daher etwas gemächlicher in den Tag, bevor wir uns auf den Weg zur Grenze machen. Es läuft alles problemlos und der usbekische Grenzbeamte begrüßt uns freundlich mit einem „Herzlich willkommen!“. Wir sind froh, dass wir schnell einen Minibus finden und sind gegen frühen Nachmittag in unserem Hostel. Wir haben zwar kein Tageslicht, aber dafür ein Familienzimmer mit eigenem Bad. Weniger familienfreundlich ist die Ausstattung. Sie besteht aus drei Betten. Mehr nicht 😅 für uns aber mehr als ausreichend und für Caro zählt die eigene, nahegelegene und saubere Toilette. Und was sehen unsere Augen beim Eintreffen noch? Ein Puzzle und das Motiv sieht alles andere als usbekisch aus. Korrekt, was Sie untenstehend sehen, ist ein waschechtes Puzzle, welches das schöne Tübingen zeigt.



Außer einem Ausflug in die nächstgelegenen Supermärkte und zum Geldautomaten, passiert heute nicht mehr viel. Wir kochen und machen es uns danach im Zimmer gemütlich.
Greencard ins Paradies?
Als wir durch Samarkand laufen, sind wir etwas irritiert. Überall an der Straße stehen Kundenstopper, in den Schaufenstern sind große Werbeplakate aufgehangen. Sie versprechen die Greencard. Quasi das Tickets ins amerikanische Paradies. Das lassen wir mal unkommentiert. Wir betrachten die Aufsteller etwas genauer, vielleicht haben wir auch etwas falsch verstanden. Aber nein, es handelt sich um eine Vielzahl an Anbietern, die sich um die Greencard für die Auswanderung in die USA kümmern. Wirklich verwunderlich, denn wir können uns kaum vorstellen, dass die Auswanderung von Usbekistan so einfach funktioniert. Was bleibt, sind auf jeden Fall ein paar Fragezeichen und zahlreiche Werbeaufsteller.



To do Liste im Reisealltag
Nach dem Frühstück widmen wir uns heute motiviert dem ein oder anderen to do. Unsere Simkarte (die wir bereits aus Andijan hatten) hat zwar Netz, aber kein Internetempfang. Dachten wir zumindest. Nachdem wir fast eine halbe Stunde zu einem größeren Shop des Internetanbieters (etwas außerhalb) gelaufen sind, eine Nummer gezogen und gewartet haben, stellt die Dame fest, dass es sich bei der genutzten Simkarte nicht um die usbekische Ucell Karte handelt. Upsi, da haben wir wohl die kirgisische Karte ins Handy gesteckt. Kein Wunder, dass dann das Internet nicht funktioniert 🙈 Da wir wahrscheinlich sowieso weiteres Guthaben kaufen müssten und wir keinen Schimmer haben, wo sich die tatsächliche usbekische Simkarte in unserem Gepäck versteckt hält, nehmen wir direkt eine neue Simkarte mit. Das ist hier gar nicht teuer, umgerechnet ca. 6 Euro. Was uns übrigens keiner gesagt hat: Man muss die IMEI des Handys nach 30 Tagen der Nutzung „registrieren“. Das Ganze kostet, wer hätte es gedacht, natürlich Geld. Als wir nachfragen, was passiert, wenn man das nicht macht, schaut die Angestellte uns lächelnd an: Ihr seid hier in Usbekistan, „man“ weiß was ihr macht und wo ihr seid. Wenn ihr euch nicht registriert, dann wird euer Handy gesperrt. Oooookay, da fühlt man sich doch direkt noch ein bisschen wohler. Da wir allerdings unseren Flug umbuchen wollen, um etwas früher zu fliegen, hoffen wir erstmal, dass wir dann schon nicht mehr im Land sind. Da kommen wir dann direkt zum nächsten Tagesordnungspunkt:
Ausflug zum Flughafen
Da wir online nicht ausreichend Infos finden und die Infos, die uns die Fluggesellschaft auf unsere E-Mail-Anfrage zugeschickt hat, daraus besteht, was wir ohnehin schon in den FAQs online lesen konnten, machen wir uns kurzerhand auf dem Weg zum Flughafen. Da wir etwas schneller unterwegs sind als ursprünglich angedacht, würden wir gerne etwas früher weiterfliegen. Am Flughafen angekommen, sind die Rollläden der usbekischen Fluggesellschaft unten. Mittagspause. Wie lange? So genau kann uns das keiner sagen. Aber gut, wir üben uns ja in Geduld und wer möchte nicht seine Mittagspause am Flughafen verbringen? Wir sind so in unser Handy vertieft, dass wir den passenden Moment verpassen. Kaum gehen die Rollläden hoch, schon hat sich eine Schlange gebildet. Als wir dann endlich dran sind, entscheiden wir uns am Ende für die Umbuchung. Es geht eine Woche früher Richtung Malaysia, genau passend, dass wir uns die Registrierung fürs Handy hoffentlich sparen können (wird spannend, da wir die Registrierung bis zum 21.08 abgeschlossen haben und am 20.08 um 23:40 Uhr fliegen). Zumindest das, denn die Umbuchung ist natürlich nicht geschenkt. Und weil wir heute schon so erfolgreich unsere to do’s „abgearbeitet“ haben und vielleicht auch weil wir sehr müde sind, gehen wir erstmal einen Kaffee trinken. Und weil wir ja auch Lokales testen möchten, bestellen wir uns kurzerhand ein Glas lokalen Sekt aus Usbekistan. Der schmeckt auch gar nicht mal so gut, dafür war der Preis verlockend, die Rechnung scheint aufzugehen.



Beeindruckendes Samarkand
Nachdem wir nun mehr als 24 Stunden hier sind, schauen wir uns nun endlich ein bisschen die Stadt an. Diese ist wirklich sehr schön und hat so einige Moscheen, Medressen und Mausoleen zu bieten. Man fühlt sich wie in einem Traum aus 1001 Nacht. So viele blaue Mosaike leuchten in der Sonne und im Innenraum der Mausoleen staunen wir über die imposant gestalteten Decken und Wände. Vor dem strahlend blauem Himmel sehen die Gebäude aus, als wären sie einem Bildband entsprungen.
Samarkand ist die zweitgrößte Stadt des Landes und eine der ältesten Städte in ganz Zentralasien. Obwohl es keine direkten Beweise dafür gibt, wann Samarkand gegründet wurde, gehen mehrere Theorien davon aus, dass es zwischen dem 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. gegründet wurde. Aufgrund seiner Lage an der Seidenstraße zwischen China, Persien und Europa war Samarkand eine wichtige Stadt der Reiche des Großraums Iran.
Gur-Emir-Mausoleum
Hier liegt der Eroberer Timur itself begraben. Da sich das Mausoleum um eine Vorläufer der späteren Großmogul-Architekturgräber handelt, ist es besonders wichtig für die Geschichte der zentralasiatischen Architektur. Wer das Grab öffnet, soll (laut Grabinschrift) von einem Fluch heimgesucht werden. Der Grabsaal ist mit Blattgold verziert und auf dem Grab von Timur liegt ein riesiger Block aus Jade. In den 70er Jahren wurde das Mausoleum aufgrund des Verfalls umfangreich restauriert und ist heute sowohl von außen als auch von innen sehr beeindruckend. Timur selbst gilt übrigens als einer der brutalsten und grausamsten Eroberer aller Zeiten.




Registan statt Registrierung
Wir lassen uns durch die Straßen treiben und kommen schließlich wieder zum Registan, dem Wahrzeichen der Stadt.







Wir beschließen, uns den Registan nochmal am Abend anzuschauen, dann soll es nämlich eine Lichtshow geben. Nach dem Abendessen ist es bereits dunkel als wir zum Registan gehen. Jetzt sind die Straßen gefüllt und sowohl Einheimische als auch Tourist:innen tummeln sich auf dem Platz vor dem Registan. Endlich ist es nicht mehr so wahnsinnig heiß. Von hier hat man einen schönen Blick auf den Gebäudekomplex und auf die Lichtshow, die bereits in vollem Gange ist.





Passend zur Musik werden die Medressen in leuchtend bunten Farben angestrahlt. Wir haben leichte Assoziationen zu einer allabendlichen Abschlussshow im Freizeitpark. Trotzdem finden wir die Idee ganz cool.
Was gut beginnt…
Wir setzen heute unsere Sightseeing Tour fort und wollen „früh“ zum Registan. Heute wollen wir auch das Innere erkunden. Neben schönen Innenhöfen und Torbögen fällt uns aber eine Sache besonders auf. Überall befinden sich kleine Souvenirshops. Quasi in jeder Ecke, in jedem Innenhof und sogar vorne auf dem Platz. Irgendwie stört es das Gesamtbild etwas. Wer soll all diese „handgemalten“ Teller, Schüsseln und Magnete kaufen?

















Ein paar Fakten ZUM Registan dürfen natürlich nicht fehlen. Was zu deutsch „sandiger Platz“ heißt, ist ein Ensemble aus drei großen Medressen aus verschiedenen Jahrhunderten um einen öffentlichen Platz herum. Letzterer diente über die Jahrhunderte übrigens sowohl als zentraler Basar, als auch als zentraler Ort für öffentliche Hinrichtungen. Die drei Medressen unterscheiden sich nicht nur im Alter, sondern auch maßgeblich im Baustil. Mit Turm und Kuppeln – mit Turm aber ohne Kuppel – mit Kuppel aber ohne Türme. Die älteste unter ihnen ist die Ulugh Beg Medresse aus dem frühen 15. Jh. wurde von Khan Ulugh Beg errichtet – einem wichtigen Gelehrten und Nachfahre des Amir Timur. Sie galt zu ihrer Zeit als eine der angesehensten Universitäten der gesamten muslimischen Welt. Die Tilya Kori und die Sher-Dor Medressen kamen im 16. Jahrhundert dazu. Das Besondere an der Sher-Dor sind die Abbildungen von Menschen und Tieren, Tiger auf der Jagd wachen über das Eingangsportal zu jeder Seite. Dies ist eigentlich im Islam unerwünscht und daher auch äußerst selten zu finden. Das Gesamtbild ist wahnsinnig beeindruckend und wir staunen nicht schlecht über diese schöne Architektur und die Geschichte, die dahinter steckt.
Im Art Café stärken wir uns danach mit einem Frühstück. Es gibt Pfannkuchen mit Cottage Cheese, eine Dip aus Paprika, Tomaten und Auberginen und dazu ein Brot. Köstlich und genau das richtige bei den warmen Temperaturen.


Bibi Khanum Moschee
Diese Moschee wurde um 1400 von Timur in Auftrag gegeben, um seine Macht zu demonstrieren. Während des 15. Jahrhunderts war sie die größte und prunkvollste Moschee der islamischen Welt. Wir schlendern durch den Innenhof und stellen mal wieder fest, dass das äußerliche Bild einer Moschee am beeindruckendsten ist.





Im Anschluss fühlt sich Caro nicht so fit und wir gehen nach Hause.


Im Hostel angekommen wird es noch schlimmer. Nach einer längeren Mittagspause und zahlreichen Toilettengängen beschließen wir, dass wir doch zum Arzt gehen. Die Bewertungen bei Google waren nach der ersten Recherche nicht die besten und wir finden keinen internationalen Arzt, aber das wird sich wahrscheinlich auch erst in der Hauptstadt wieder ändern und bis dahin ist es noch über eine Woche.
Arztbesuch in Samarkand
Mit dem Yandex fahren wir bis zum „bestbewerteten“ Arzt der Stadt. Im Vorzimmer sieht es sauber aus und es riecht nach viel Desinfektion. Aber mehr als das Vorzimmer bekommen wir nicht zu sehen. Es kann niemand Englisch und als wir unsere vorbereitete Zusammenfassung auf Usbekisch vorzeigen, werden wir vom netten Mann an der Rezeption ins nahegelegene Krankenhaus geschickt. Da Caro gerne wüsste, um was für einen penetranten Untermieter es sich handelt, hat sie nach einer Blut- oder Stuhluntersuchung gefragt. Vielleicht werden wir auch deshalb ans Krankenhaus weiter vermittelt. Eine Art Sprechstundenhilfe aus der Praxis begleitet uns ins Krankenhaus um die Ecke. Es wären zwar nur ein paar Minuten zu Fuß, allerdings nehmen wir für den Weg lieber ein Taxi. Der Taxifahrer scheut sich nicht, die Notlage auszunutzen und verlangt einen absolut überteuerten Preis für die zweiminütige Fahrt. Konsti fängt an, zu lachen und gibt ihm die Hälfte von dem, was er haben will.
Dank unseres Begleiters finden wir recht schnell den Weg und werden direkt in eine Art Sprechzimmer geführt. Drei Schwestern, alle mit lustigen weißen Hüten, die an Kochmützen (oder halt an ein Deutschland der 20er Jahre) erinnern und ein Arzt sind anwesend. Aber auch hier kann niemand, auch wirklich niemand auch nur ein Wort Englisch. Konsti versucht es wieder mit der Übersetzungsapp, während Caro sich auf die Behandlungsliege legt, weil die Bauchkrämpfe gerade sehr akut sind. Währenddessen kommt eine Mutter mit ihrem scheinbar kranken Kind herein. Drei Meter neben uns bekommt der Junge rektal Fieber gemessen, er schreit und weint, dann sind sie irgendwann wieder weg. Nach 10 Minuten kommen wir immer noch nicht wirklich weiter. „Ambulant oder stationär?“ spuckt der Übersetzer aus. Ambulant natürlich! Bevor der Doktor auch nur eine Untersuchung begonnen hat, werden wir in ein Nebengebäude geführt. Hier sind noch mehr Schwestern, wir werden gefragt, ob wir auch kein Russisch können. Nein, auch das nicht. Englisch scheint der Paradiesvogel unter den Sprachen hier zu sein. Sie drückt uns mehrere Infusionsbeutel in die Hand und gibt uns zu verstehen, dass die Temperatur der Beutel gut ist. Glukose. Dann führt sie uns in ein Zimmer mit drei Betten, sagt, dass Caro sich hinlegen soll und verschwindet wieder. Auf gar keinen Fall will Caro eine Infusion und mit jeder weiteren Minute will sie auch nicht mehr hier bleiben. Wenn man selbst einfach keinen blassen Schimmer hat, was hier vor sich geht, keine Übersetzung Sinn macht und dann auch noch einfach eine Infusion gelegt werden soll, dann nichts wie nach Hause. Wir zeigen ein letztes Mal unsere Übersetzung, aber es hat keinen Sinn. Dann machen wir uns aus dem Staub und fahren wieder ins Hostel. Ab ins Bett. Hm, was nun? Caro nimmt das Antibiotikum, das beim letzten Mal geholfen hat. Dieses bekommen wir rezeptfrei in der Apotheke. Ob wir den gebuchten Zug morgen nehmen können? Konsti bestellt sich etwas zu essen und wir machen es uns im Zimmer gemütlich.
Weiter entlang der Seidenstraße
Am nächsten Morgen lassen wir es langsam angehen, beschließen aber, den Zug gegen Mittag zu nehmen. Es sind nur ein paar Stunden und eine Toilette gibt’s im Zug ja auch. Es ist sehr heiß, aber der Zug fährt pünktlich los. Es geht nach Bukhara, einer kleineren Stadt an der alten Seidenstraße. Kaum sind wir im Zug eingestiegen, kommt Konsti mit der Dame hinter uns ins Gespräch. Sie kennt wohl jemanden, der Deutsch spricht. Keine Minute später hat Konsti ihr Handy in der Hand. Auf der anderen Seite der Leitung ist der Sohn der Dame, der sich über ein kurzes, deutsches Gespräch freut. Und keine weitere drei Minuten später, sind wir über Instagram vernetzt. Wir hören Podcasts und sind froh, dass die Fahrt relativ schnell rum geht. Samarkand hat uns gut gefallen, leider konnten wir durch gewisse Einschränkungen die Stadt nicht so erkunden, wie wir es gerne gemacht hätten.