Mit dem Zug starten wir die nächste Etappe. Diese soll man übrigens sowieso mit dem Zug zurücklegen, da die Straßenverhältnisse nach Hualien sehr schlecht und gefährlich mit dem Rad zurückzulegen sind. Am Morgen verabschieden wir uns noch von Nadja und Lukas und verpassen fast unseren Zug, da am Bahnhof so viel los ist. Nach etwas über zwei Stunden kommen wir in Ruifang an. Unser eigentliches Ziel war Jiufen, aber dort kommt man von Ruifang nur mit dem Bus hin. Zudem sind die Unterkünfte hier wesentlich günstiger. Also steigen wir in einem kleinen Hostel direkt beim Bahnhof ab. Den Eingang muss man erstmal finden, er befindet sich hinter den Streetfood-Ständen. Es führt lediglich eine Treppe ins erste OG, kein Schild, kein sonstiger Hinweis.
Ausflug auf zwei Rädern
Wir beziehen unser Zimmerchen und beschließen heute noch einen kleinen Ausflug zu machen. Generell gibt es in Ruifang nicht sonderlich viel zu entdecken, aber wir wollen mit den Rädern zum Meer fahren. Das ist nur 15 Minuten Fahrzeit entfernt und knapp 10 Minuten weiter soll es noch einen Elefanten-Felsen geben. Es klappt dieses Mal ohne ziehen, Konsti und Helgi sind back in game!

Den ersten kleinen Anstieg meistern sie scheinbar federleicht und danach geht es das meiste Stück bergab (blöd nur, dass wir das nachher wieder hochfahren müssen..). Wir fahren entlang der Küste bis zu einem kleinen Hafen. Irgendwie ist es hier ganz süß. Ein paar kleine Läden, kaum Menschen und schon gar keine Tourist:innen. Die Fischerboote liegen alle bereits wieder im Hafen. Es sieht so aus als würden große Glühbirnen-Lichterketten an ihnen hängen. Richtig schön.



Wir fahren bis zum Ende des Hafens und stellen die Räder ab. Entlang der Küste laufen wir auf großen Steinen, neben uns ein Angler, der mitsamt seiner Ausrüstung nach einem gemütlichen Angelspot Ausschau hält. Die Felsen ähneln irgendwann eher kleinen Pancake-Türmchen, die aus dem Boden zu wachsen scheinen. Direkt am Wasser wachsen leuchtend grüne Algen. An der Spitze der kleinen Halbinsel klatschen die Wellen an die Klippen und das Wasser schäumt hellblau in den Zwischenräumen der rauen Felsen. Wir klettern noch ein bisschen weiter und entdecken ein Pärchen, das es sich mit zwei Campingstühlen oben auf dem Felsen gemütlich gemacht hat. Ein schönes Plätzchen für ein Date zum Sonnenuntergang. Lediglich eine Frage stellen wir uns dann doch noch: Wo ist der Elefant? Müssen wir von der anderen Seite der Halbinsel einen anderen Weg nehmen und den Elefanten aus der richtigen Perspektive zu sehen? Wir sind etwas ratlos und wollen es von der anderen Seite versuchen. Zurück am Parkplatz werfen wir nochmal einen Blick auf die Karte. Das kann nicht sein, es gibt keinen anderen Weg. Wir müssen ihn übersehen haben.






Dann müssen wir eben ein zweites Mal nach vorne laufen. Auf dem Felsen angekommen sind wir immer noch ratlos. Außer uns sind noch ein paar Leute hier oben, scheinbar um den Sonnenuntergang zu beobachten. Ein Herr spricht uns an: „Wollt ihr zum Elefanten?“ „Ja, genau.“ Wir nicken. „Der Elefant ist jetzt ein Capybara.“ Er lächelt und zeigt auf einen Felsen vor uns. Vor zwei Wochen ist der Kopf inkl. Rüssel vom Elefanten abgebrochen und ins Meer gestürzt. Oh no. Na gut, das hätte man ja auch wirklich nicht erahnen können. Außer man liest aktuelle Google Bewertungen, aber das ist ein anderes Thema. Und nein, natürlich ist hier nicht im Ansatz ein Capybara zu erkennen, aber süß, dass die Menschen sich eine Alternative überlegt haben. Mittlerweile nähern wir uns dem Sonnenuntergang und die Felsen leuchten schön in der Abendsonne. Alleine dafür hat sich der Weg hierher nochmal gelohnt.






Danach geht es für uns zurück zur Unterkunft. Da es hier leider nur einen Kühlschrank und eine Wasser-Station gibt, entscheiden wir uns heute zur Abwechslung nochmal für eine Tütensuppe und einen Salat vom Fachmarkt unseres Vertrauens. Das ganze wird dann standesgemäß auf dem Bett gegessen und dabei wird eine Serie geschaut. Unbeschreiblich ist übrigens der Geruch, wenn wir nach einem Gang zur Toilette zurück ins Zimmer kommen und das ganze Zimmer wie eine Maggi-Suppenküche riecht. Ob sich der Geruch voll nach dem intensiven Convenience-Konsum in unseren Haaren und der Kleidung festsetzt wie der Zigarettenrauch nach einem verzechten Abend in der Kneipe? Wir können es nicht ausschließen.
Tee, Pott und Jiufen
Am nächsten Morgen quälen wir uns früh aus dem Bett. Wir nehmen den Bus um 7 Uhr, um früh Richtung Teekanne zu starten. Denn genau so heißt unser heutiger Trail. Als wir nach ein paar Unsicherheiten doch irgendwann den richtigen Trail gefunden haben, geht es erstmal bergauf. Knie-schonend mit viiiielen Treppen und noch mehr Treppen. Dafür werden wir aber schnell belohnt, denn hinter uns ist direkt das Meer und ein richtig schöner Küstenstreifen. Wie traumhaft schön es hier ist! Das Wetter ist heute absolut auf unserer Seite, der Himmel ist wolkenlos und die Sonne kommt nun immer mehr zum Vorschein. Kurz vor dem Ende ist nun auch der Teapot zu erkennen.





Also mit viel Fantasie. Hinweisschilder warnen vor dem letzten Stück, es wird wohl steil und rutschig. Trotz Caros Höhenangst klettern wir weiter an einem Seil nach oben. Wir wissen nur leider so gar nicht, wo wir entlang gehen müssen. Ein Seil führt quasi senkrecht nach oben, eins führt weiter zwischen den Felsen entlang und nach einer Aussichtsplattform wie auf den Fotos sieht es schonmal so gar nicht aus. Bei einer schwindelerregenden Spalte muss Konsti dann alleine auf Erkundungstour gehen, wer weiß schon, ob es dahinter überhaupt weiter geht? Es lohnt sich, abzuwarten. Konsti kommt wieder zurück und wir finden einen alternativen Weg. Einmal um die Ecke machen wir dann Rast und gönnen uns eine Banane im Sonnenschein. Wenn man erstmal seinen Po auf einem riesen Felsen geparkt hat, hinter sich eine stabile Rücken-Ablage-Komponente und nach vorne ausreichend Platz bis zur Kante, dann lässt es sich entspannt 15 Minuten in der Sonne aushalten. Entweder wir entscheiden uns nun für einen alternativen Rückweg oder wir gehen den gleichen zurück. Für die alternative Route wissen wir allerdings nicht so recht den Weg, die Dauer und die Begebenheiten. Wir entscheiden uns für den gleichen Rückweg. Dieses Mal klettern wir aber unten an der Teekanne vorbei, das ist wesentlich entspannter, wie sich später herausstellt.






Goldrausch
Früher wurde genau hier jede Menge sehr gutes Gold abgebaut. Heute ist im ehemaligen Fabrikgebäude ein kleines Goldmuseum. Man kann auch mit einer Bahn einen kleines Stück in die Mine fahren und Gold waschen, gegen Aufpreis versteht sich. Daher entscheiden wir uns nur für das Museum. Vielleicht wäre das Goldwaschen ein bisschen unterhaltsamer gewesen, das Museum ist wirklich überschaubar. Unten verstehen wir die englischen Beschreibungen zur Geschichte, im oberen Bereich geht es allerdings um die verschiedenen Gesteine. Das würden wir wahrscheinlich nicht mal auf Deutsch verstehen, geschweige denn auf Englisch. Hübsch anzusehen sind die verschiedenen Steine (jesus christ, Marie, they are minerals!!) aber schon. Zuletzt folgt noch das „Goldstück“ der Ausstellung. Ein riesiger Barren Gold, ob dieser wohl ausreichend gut bewacht ist @familieremmo? Was wir ansonsten an Infos mitnehmen? Wie ihr euch denken könnt, waren die Arbeitsbedingungen in der Mine sehr schlecht. Daher lag es damals Nahe Kriegsgefangene für diese Arbeit einzusetzen. Während der japanischen Besatzung wurde der Abbau und die Produktion mit modernen Maschinen optimiert. Das gewonnene Gold hat laut Museum eine ganz besonders hochwertige Qualität, trotz unserer neu gewonnen Fachwissens, können wir das leider nicht empirisch belegen. Nach diesem kleinen Zwischenstopp machen wir uns von hier auf den Weg in die Altstadt von Jiufen.



Jiufen Old Street
Da hat uns natürlich keiner gesagt, dass wir um dort hinzugelangen, noch einmal über einen Berg drüber müssen. Also nochmal drölftausend Stufen hoch und dann auf der anderen Seite durch ein Gassen-Labyrinth nach unten. Uns gefällt es hier richtig gut. Die kleinen verwinkelten Straßen und der Blick aufs Meer. Zwischendurch kommen wir noch an einem Tempel vorbei. Außer uns sind hier kaum Menschen unterwegs, schon gar keine Tourist:innen.


Das ändert sich schlagartig als wir die berühmte Old Street kreuzen. Quasi aus dem Nichts befinden wir uns auf einer vollen Fußgängerstraße, die wie eine fleißige Ameisenstraße zwischen den sonst so eingeschlafenen Nebenstraßen wirkt. Ein Geschäft grenzt an das nächste: Tee, Gebäck, Eis, Stinky Tofu, Souvenirs in allen Farben und Formen – hier gibt es so ziemlich alles.



Bei so vielen Essensangeboten können wir natürlich nicht nein sagen. Taco und Tim haben uns neben Tipps zum Wandern auch den dringenden Rat mitgegeben, unbedingt eine Peanut Icecream Roll zu testen. Na gut, dann müssen wir das wohl probieren 🤷🏻♂️🤷🏼♀️ Der Stand ist schnell gefunden und gespannt stehen wir vor dem Schaufenster und schauen dem tüchtigen Eismann bei der Arbeit zu. Ihr könnt euch es folgendermaßen vorstellen:
- Als erstes nimmt er einen dünnen Teigfladen (ähnlich eines Crepes).
- Dann widmet er sich einem riesigen festen Zuckerblock, im dem sich ganz viele Erdnüsse befinden. Mit „dem Gerät“ schabt er von oben ein paar Mal über den Block, sodass ein paar Streifen süßer und klebriger Crunch dabei heraus kommen. Dieser wird dann auf den Teigfladen verteilt.
- Getoppt wird das ganze noch mit zwei Kugeln Eis. Wir tippen auf leichten Bananengeschmack, sind aber ahnungslos.
- Dann erfolgt die Frage der Fragen, die auch uns im ersten Moment etwas irritiert hat – mit oder ohne Koriander? Wir entscheiden uns für einmal mit und einmal ohne, nur so können wir das ganze schließlich später vergleichen und beurteilen.
Jetzt verstehen wir auch, warum Taco von einem Eis Burrito gesprochen hat. Unser Fazit: Sehr lecker! Ob ihr es glauben wollt oder nicht, Koriander war unser Favorit. An dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön und liebe Grüße nach Nepal!



Wir ziehen weiter und schauen uns neugierig all die Geschäfte und Shops an. Was können wir wohl als nächstes probieren? Wir entscheiden uns für zwei frisch gebackene Ananas-Küchlein in zwei Geschmacksrichtungen und einen Cheese Milk Stick. Das hört sich erstmal komisch an, schmeckt aber quasi 1:1 wie ein warmes Croissant 🥐💯.





Nachdem wir die Straße nun einmal rauf und runter gelaufen sind, brauchen wir eine kurze Pause und einen einen Wachmacher. Im Family Mart (der kleine Bruder von 7eleven) besprechen wir bei bester Aussicht unsere weiteren Pläne. Da das Wetter heute mitspielt, für morgen ist leider Regen angesagt, entscheiden wir uns, noch weiter runter Richtung mehr zu laufen. Auf dem Weg soll noch ein kleines Highlight folgen..
Golden Waterfall
Wie ihr wisst, wir haben ein zwiegespaltenes Verhältnis zu Wasserfällen, aber dieser passt schlichtweg am besten zu unserem heutigen Tagesprogramm. Daher sind unsere Erwartungen nicht sonderlich groß und wir sind dann doch positiv überrascht, als wir am Wasserfall ankommen. Die Kaskaden sind tatsächlich sehr schön und insgesamt ist der Wasserfall größer als gedacht. Nach 5 Minuten sind wir dann aber auch fertig und beschließen, uns noch etwas von der Meeresbrise zu schnuppern, bis der nächste Bus kommt.





Zuhause angekommen, geht’s unter die heiße Dusche und direkt im Anschluss zum Waschsalon. Nach dem heutigen Tag haben wir einstimmig beschlossen, dass sich das Waschen unserer Sportkleidung keinen Tag länger hinauszögern lässt. Die Mischung aus Instant-Nudelsuppe und verschwitzten Sportklamotten würden wir heute Nacht Luft-technisch in unserer Kammer wohl nicht ohne Folgen überstehen. Wir gehen noch einkaufen und speisen am Abend wieder standesgemäß mit Salat und Convenience-Nudeln im Bett.
Rainy days
Wir wussten es ja bereits, aber wir können nochmal bestätigen: Die Wettervorhersage hält, was sie verspricht. Schon am frühen Morgen, als wir uns wieder auf den Weg zum Bus machen, ist es grau und regnerisch. Das wird sich heute auch nicht mehr ändern. Wir starten heute mit einer sehr kurzen Wanderung auf einen kleinen Berg direkt oberhalb von Jiufen. Es geht wieder Stufe für Stufe bergauf. Heute allerdings ohne eine traumhafte Aussicht auf die umliegenden Berge und das Meer. Alles, was wir sehen, ist Nebel, die nächsten Stufen vor uns und ein bisschen grünes Gewächs am Rand.





Nachdem wir wieder zurück sind, brauchen wir erstmal einen heißen Kaffee im Family Mart unseres Vertrauens. Der Regen draußen scheint auch immer stärker zu werden. Dennoch wollen wir heute ein zweites Mal über die Old Street laufen. Heute ist viel weniger los als gestern, trotzdem muss man aufmerksam bleiben, damit man keinen Regenschirm ins Auge oder gegen den Kopf gehauen bekommt. Welchen Snack können wir uns heute gönnen? Wir starten mit einer Taro Pastry, ein mit Süßkartoffel gefülltes Gebäck. Es wird für sehr gut gewertet, Caro erinnert es ein kleines bisschen an ungebackenen Keksteig – mhmmm. Da zu Konstis großem Bedauern der Cheese Milk Stick Stand noch nicht geöffnet hat, brauchen wir eine Alternative. Wir entscheiden uns für einen augenscheinlich nicht so ansprechenden Snack: Rice Cake mit gerösteten Zwiebeln. Zur Erklärung steht an der Ladentheke neben einem riesigen Block Rice Cake eine Erläuterung der Speise: By rice grinding into rice paste, layer by layer steaming. It has to take five hours to complete. Dazu gereicht werden frittierte Zwiebeln, quasi Röstzwiebeln. Dieser weiße, glibbrig aussehende Block ist eigentlich wenig verlockend, aber Konsti möchte es probieren. Eine durchaus gute Entscheidung. Die Konsistenz ist weniger glibbrig als gedacht und in Kombi mit Chili- und vor allem der Knoblauch-Sojasoße schmeckt es wirklich sehr gut. Wir teilen uns ein kleines Schälchen und machen uns dann auf den Weg zum Bus.




Es regnet immer noch wie aus Eimern. Mal wieder stellen wir fest: Orientierung ist nicht gerade Caros Stärke. Da der Bus gleich kommen soll und wir noch nicht an der Bushaltestelle sind, fragt sie, ob der vorbeifahrende Bus die richtige Nummer ist. „Nein, wir müssen in die andere Richtung.“ erwidert Konsti. Keine Minute später kommt ein weiterer Bus. Wieder fragt Caro, ob das nun der richtige Bus wäre. „Nein, wir müssen in die andere Richtung.“ erwidert Konsti. Nachdem wir um eine kleine Kurve gelaufen sind, kommt ein dritter Bus…naja, ihr könnt es euch ja denken, wir müssen in die andere Richtung.
Irgendwann sitzen wir dann aber im richtigen Bus in die richtige Richtung und treten die Heimreise an. Erstmal heiß duschen und dann schnell unter die Bettdecke, es ist wirklich frisch geworden. Den Rest des Tages widmen wir uns ein paar to do’s. Draußen regnet es durchgehend weiter. Noch immer haben wir nicht die abschließende Frage geklärt, ob wir den letzten Teil der Etappe wohl gemeinsam mit dem Rad zurücklegen werden.