Man könnte behaupten: Kein Ort in Südostasien ohne eine Roller-Erkundungstour. Das stimmt zwar nicht ganz, aber wir stellen dennoch die Behauptung auf, dass man nirgendwo sonst auf der Welt so viel kostengünstig mit dem Roller erkunden kann. Die Miete ist nicht teuer, man ist unabhängig, auf keine geführte Tour angewiesen und alleine das Umherfahren durch die schöne Landschaft ist ein Highlight für sich. So ist es wenig verwunderlich, dass wir uns auch hier einen Roller mieten und die Umgebung von Chiang Mai erkunden wollen.
Hi Chiang Mai
Chiang Mai ist übrigens die größte Stadt der Nordregion und hat in ihren offiziellen Grenzen rund 127.400 Einwohner:innen. Aufgrund der landschaftlich schönen Lage und der verbliebenen buddhistischen Klöster im Lanna-Stil wird die Stadt auch „Rose des Nordens“ genannt. Der Altstadtkern ist ein ca. 2×2 km großes Viereck, das von einer antiken Stadtmauer und einem parallel dazu verlaufenden Wassergraben umschlossen ist. Es gibt ungefähr 200 buddhistische Tempel, der Großteil liegt in der Altstadt. Wir müssen natürlich ehrlich sein: Auch hier wimmelt es von Tourist:innen. Neben dem Tourismus zählt vor allem das thailändische Kunsthandwerk, insbesondere die Holzverarbeitung, Textilherstellung und die Bearbeitung von Jadeschmuck zu den wichtigen Zweigen der Wirtschaft.
Ohne Roller, ohne uns
Nach dem Checkin in unser Airbnb für die kommenden Tage in Chiang Mai wollten wir kurzerhand noch die Waschmaschine des Airbnb nutzen. Leider pumpt die Waschmaschine aber leider kein Wasser ab, sodass wir dazu gezwungen sind, die gesamte Wäsche noch mit Hand auszuwringen. Dadurch sind wir leider erst einen Moment später im Bett als geplant.

Nach dem Frühstück am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg zum Rollerverleih, der erst um 10 Uhr öffnet. Wir holen uns die letzten Einweisungen und Tipps von Max, dem Besitzer, ab und starten dann unser heutiges Tagesprogramm: der Samoeng Loop. Zunächst müssen wir raus aus der Stadt und dem Stadtverkehr, aber kaum fahren wir in die Berge kommen wir zu unserem ersten Halt, den Mae Sa Wasserfällen. Dabei handelt es sich um 10 kleine Wasserfälle, die über Felsen und etwas kaskadenartig ins Tal laufen. Sie sind max. 10 Meter hoch und über einen kleinen Wanderweg laufen wir von unten hinauf bis zum höchstgelegenen Wasserfall. Immer wieder gibt es kleine Rastplätze, die zum Picknicken und Verweilen einladen. Entgegen unserer Erwartungen ist fast nichts los und auch die kleinen Wasserfälle sind schöner als wir es zu Beginn dachten.




Wir setzen unsere Fahrt fort und steuern eine Empfehlung von Max an, das WTF Café. Wir landen in einem absoluten Foto-Hotspot. Das Café liegt in einem Tal zwischen den Bergen. Als Eintritt zahlen wir pro Person 100 Baht, die wir auf dem Gelände aber gegen einen Kaffee einlösen können. Das Café selbst ist mehr ein Kiosk, mit dem erstandenen Getränk sucht man sich im Anschluss einen Platz entlang des Flusses, der über das Gelände läuft. Hier gibt es sogar einen eigenen kleinen Wasserfall, der zum Café gehört. Ein kleiner Touri-Spot, aber trotzdem ist es nicht zu voll und eigentlich ganz gemütlich am Wasser. Nur essen möchten wir hier nichts, alles ist wahnsinnig teuer und die Auswahl ist auch recht übersichtlich. Daher fahren wir ein Stück zurück und halten an einem kleinen einfachen Restaurant an der Straße. Hier werden wir mit einer großen Portion Reis und Gemüse versorgt und das zu einem mehr als günstigen Preis.





Weiter geht die Fahrt durch die Berge, wir machen Halt an einem Aussichtspunkt, bekommen dort Besuch von einem süßen, schmusigen Hund und steuern dann einen Tempel an. Dieser liegt auf einem Berg und die gesamte Tempelanlage ist weitläufig.





Man hat eine schöne Aussicht, der Tempel ist aber auch gut besucht von Einheimischen. Im Anschluss begeben wir uns wieder auf den Heimweg. Heute Abend haben wir noch viel vor.
Kein Thailand ohne Thai Massage
Für 18 Uhr haben wir uns einen Termin bei der Thai Massage gebucht. Wenn wir schon in Thailand sind, dann müssen wir selbstverständlich auch eine traditionelle Thai Massage testen. Nachdem unsere Füße gewaschen wurden, werden wir mit einer Wickelhose und einem Oberteil ausgestattet, Unterwäsche und BH behalten wir an. Dann geht es auch schon los 60 Minuten werden wir ohne Öl durchgeknetet. Vom Fuß bis in den Nacken. Dabei kommt es das ein oder andere Mal vor, dass die Masseurin sich mit auf die Massageliege stellt und mit vollen Körpereinsatz an uns herumdrückt, -zieht oder sich auf uns lehnt. Es knackt mehr als einmal und nach den 60 Minuten haben wir alle vier das Gefühl, dass nun alles wieder an der richtigen Stelle sitzt. Es war definitiv anders als eine entspannende Ölmassage aber definitiv auch wohltuend und entspannend. Und ein weiterer Vorteil, man ist danach nicht ölig wie eine Büchsensardine. Zum Abschluss bekommen wir noch einen Tee serviert und dürfen unsere Bewertung abgeben. Danach geht es frisch durchgeknetet direkt zum Abendessen.
Kein Thailand ohne Muay Thai
Muay Thai, zu deutsch besser bekannt als Thaiboxen ist eine Kampfkunst, die im 20. Jahrhundert weltweite Verbreitung fand. Sofern neben dem Körper auch Waffen wie ein Degen, Schwert, Stock oder Schild eingesetzt werden, bezeichnet man diese Kampfkunst auch als Krabi Krabong. Lustiger Name, oder? Da spielt sich in unserem Kopf direkt ein Mr. Crabs Stockkampf unter Wasser ab.




Stilistisch auffällige Merkmale des Muay Thai sind Ellenbogen- und Knietechniken sowie das Clinchen. Eine charakteristische Technik ist der Kick mit dem blanken Schienbein, meist auf den Oberschenkel, Rippenbereich oder Kopf gezielt. Je nach Reglement und Profistufe des Kämpfers können Knietritte zum Kopf zulässig sein. Dabei darf der Kopf des Gegners mit den Fäusten Richtung Boden gezogen werden. Beim Clinchen halten sich die Gegner im Stehen, versuchen sich aus dem Gleichgewicht zu bringen und treten mit den Knien gegen Oberkörper oder Oberschenkel des Gegners. Einige Reglements lassen das Fangen und anschließende Halten des gegnerischen Beines zu. Aufgrund des hohen Verletzungsrisikos durch Ellenbogen- und Knietechniken wird Muay Thai als eine der härtesten Kampfsportarten der Welt bezeichnet. Die Faustschlagtechniken sind ähnlich dem traditionellen europäischen Boxen, es sind aber auch Schläge aus der Drehung zulässig, wobei der Kopf des Gegners mit dem Faustrücken getroffen wird. Einige Stilarten erlauben Würfe. Da die Würfe sehr gefährlich sind, verbieten die meisten Regelwerke sie jedoch.
Und jetzt zu uns. Schon heute morgen haben wir kleine Werbeplakate für Muay Thai Kämpfe gesehen. Während wir zu viert das Plakat unter die Lupe nehmen, werden wir von der Angestellten eines Hostels angesprochen. Sie kann uns ermäßigte Tickets für die Kämpfe anbieten. Warum eigentlich nicht? Keiner von uns hat jemals einen Kampfsport live gesehen und irgendwie gehört das hier ja auch zur Kultur. Und schwupps haben wir kurze Zeit später unser heutiges Tagesprogramm erweitert. Mit den Rollern fahren wir etwas außerhalb der Stadt zu einem weiteren großen Nachtmarkt. Mitten auf dem überdachten Teil des Nachtmarktes gibt es eine kleine Kampfarena mit einem Boxring und kleinen Mini-Tribünen. Wer sonst noch zuschaut? Natürlich Touris. Wir bekommen einen Platz zugewiesen und mit etwas Verspätung startet der erste Kampf. Direkt neben der Tribüne bereiten sich die Kämpfer auf den Kampf vor. Die Bilder auf dem Plakat hätten es uns schon vorher vermuten lassen können, aber wir sind alle sehr überrascht als wir die Kämpfer sehen. Das sind Kinder! Die Jungs sehen teilweise aus, als wenn sie zwischen 14 und 16 Jahre alt sind. Und die wollen sich gleich die Köpfe (wohlbemerkt ohne Kopfschutz) einschlagen? Ohja, genau das passiert.
Die ersten beiden betreten den Ring und werden angekündigt, sie sind tatsächlich erst 14 Jahre alt und kämpfen mit einem „Kampfgewicht“ von 52 kg. Diese 52 kg bestehen anscheinend ausschließlich aus Haut und Muskeln, die es aber mehr als in sich haben. Beide gehen direkt in die vollen und teilen richtig aus. Wahnsinn, mit welcher Kraft sie aufeinander eintreten und mit den Fäusten auf sich losgehen. Als dann einer der beiden Jungs in der dritten Runde K.O. geht stehen Chrissi und Caro die Münder offen. Das scheint normal zu sein, aber wir sind wirklich schockiert. Gesund kann das ja nun wirklich nicht sein. Was wir noch nicht wissen, es geht so weiter: Von neun Kämpfen gehen sieben Kämpfe mit einem vorzeitigen K.O. aus. Es ist wirklich brutal anzusehen, im dritten Kampf wird aber noch einer drauf gesetzt. Mit einem wuchtigen Tritt wird der Gegner am Arm getroffen und kann nicht weiter kämpfen: Armbruch. Flo fragt am Ende des Abends einen den Moderator, ob es tatsächlich ein Armbruch war: Ja und der Mann wird noch heute operiert. Puh, damit haben wir wirklich nicht gerechnet.
Was man aber fairer Weise dazu sagen muss: Es ist schon zu sehen, dass es kein wildes aufeinander Einschlagen ist, sondern eine Sportart mit gezielten Schlag- und Tritttechniken. Die Kämpfer gehen vor und auch nach dem Kampf sehr respektvoll miteinander um und wenn jemand K.O. geht, schauen sie direkt, ob auch alles „in Ordnung“ ist. Die meisten jedenfalls. Die Tradition wird hier groß geschrieben, zu Beginn wird die thailändische Hymne gespielt, beide Parteien begrüßen sich und scheinen mehrere Gebete und weitere traditionelle Rituale vorzunehmen. Beispielsweise gehen beide Kämpfer in jede Ecke des Boxrings und berühren mit ihren Handschuhen die Ecken. Außerdem tragen alle Kämpfer ein Kopfschmuck und bekommen zu Beginn eine Blumenkette umgelegt. Diese werden natürlich vor dem Kampf abgelegt. Wir sind irgendwie perplex, fasziniert und geschockt zugleich. Das war wirklich eine Erfahrung der anderen Art. Wir hatten ursprünglich mal überlegt, ob wir auch mal eine Probestunde für Muay Thai nehmen… Schauen wir mal 😉
Kein Thailand ohne Meditation
Chrissi und Flo hatten da so eine Idee: Ein zweitägiges Meditations-Retreat. Obwohl wir nicht so richtig wussten, was uns da wohl erwarten wird, warum eigentlich nicht? Im Grunde genommen sind es mehr oder weniger 24 Stunden Retreat, es geht um 13:30 Uhr los und endet am folgenden Tag um 15 Uhr. Sehr gespannt begeben wir uns zum Monk Office in Chiang Mai, hier findet die Registrierung und eine erste Theoriestunde statt.


Zu Beginn werden wir mit weißen Wickelhosen ausgestattet, wer ein weißes T-Shirt ohne Aufdruck besitzt, kann dies anziehen. Konsti muss sich ein T-Shirt ohne Aufdruck kaufen, Caro kommt mit ihrem alten, nicht mehr ganz so weißen Shirt durch. Wie beige und dreckig das Shirt aber wirklich ist, fällt uns erst auf, als alle mit ihren strahlend weißen T-Shirts beisammen stehen. Oh man, vielleicht wird es doch Zeit, sich von dem dreckigen Shirt mit Flecken zu verabschieden.. Dann geht es auch schon los, mit ca. 15 anderen Menschen nehmen wir in einem Raum Platz. Wir sind eine bunt gemischte Truppe von überall auf der Welt (Brasilien, Australien, USA, Singapur, Niederlande, Schweiz und natürlich Deutschland). Was denkt ihr – nehmen mehr Frauen oder Männer an dem Retreat teil? Tatsächlich sind es Männer und auch das Alter ist vollkommen durchgemischt. Wir werden von Phra Kru KK begrüßt. „Phra“ bedeutet Mönch auf Thai und „Kru“ steht für Lehrer, KK ist dann schließlich noch sein Name. Dann begeben wir uns für ca. eine Stunde zurück in die Schulzeit, heute auf dem Lehrplan:

Buddhismus by KK
KK ist es besonders wichtig, uns etwas über die Grundsätze des Buddhismus mit auf den Weg zu geben, bevor wir in die praktische Umsetzung der Meditation einsteigen. Wir möchten euch einen kleinen Abriss dieser lehrreichen Stunde geben, halten uns aber wie immer kurz und knackig. Der Buddhismus ist, wie ihr sicher wisst, eine der großen Weltreligionen, unterscheidet sich aber dadurch, dass es keine theistische Religion ist und somit kein Gott und auch nicht mehrere Götter (wie im Hinduismus) im Zentrum der Verehrung steht. Die buddhistischen Lehren basieren auf umfangreichen philosophisch-logischen Überlegungen in Verbindung mit Leitlinien der Lebensführung, weshalb manche den Buddhismus auch eher als Philosophie und nicht als Religion verstehen. Ein wichtiger Bestandteil der Praxis ist die Meditation. Dabei berufen sich alle Buddhisten auf die Lehren von Siddhartha Gautama (frühes 5.-6. Jahrhundert v. Chr.). Er wird als „historischer Buddha“ bezeichnet. „Buddha“ bedeutet wortwörtlich „der Erwachte“. Gemeint ist damit nach der buddhistischen Lehre eine fundamentale und befreiende Einsicht in die Grundtatsachen allen Lebens, aus der sich die Überwindung des leidhaften Daseins ergibt. Diese Erkenntnis nach dem Vorbild des historischen Buddha durch Befolgung seiner Lehren zu erlangen, ist das Ziel der buddhistischen Praxis. Der Buddhismus besetzt übrigens mit ca. 230-500 Millionen Anhänger:innen (je nach Quelle und Zählweise) Platz 4 in den Weltreligionen (nach Christentum, Islam und Hinduismus).
Die Grundlagen sind von Buddha in „Vier Edlen Wahrheiten“ formuliert worden. Sie sollen helfen, das Leben zu durchschauen und zu bewältigen:
1. Was ist das Leiden?
Es gibt drei Arten von Leiden: Leid des Leidens, Leid der Veränderung, Leid der Bedingtheit. Das Leben selbst ist Leiden: Geburt, Arbeit, Trennung, Alter, Krankheit, Tod.
2. Wie entsteht das Leiden?
Durch Unwissenheit, Egoismus, Anhaftung, Abneigung und Furcht.
3. Wie kann das Leiden überwunden werden?
Durch Aufgeben der Anhaftung an die Vorstellung von einem unabhängig existierenden Ich. Nur so wird neues Karma, die Folge von guten wie bösen Taten, vermieden.
4. Auf welchem Weg soll dies erreicht werden?
Auf dem Weg der vernünftigen Mitte – weder Genusssucht noch Selbstzüchtigung. Der berühmte achtfache Pfad zum Nirwana besteht in: rechte Erkenntnis und Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln und Leben, rechte Anstrengung, Achtsamkeit und Sammlung.
Wer kennt es nicht, das Karma. Es entspricht etwa dem Prinzip von Ursache und Wirkung, wie KK so schön sagt: What comes around, goes around.“. Höchstes Ziel des Buddhismus ist es, diesem Kreislauf zu entkommen, indem kein Karma mehr erzeugt wird. Handlungen hinterlassen dann keine Spuren mehr. Dies wird dann als Eingang ins Nirwana bezeichnet. Kommen wir aber nun nochmal auf den Stellenwert der Meditation zu sprechen, denn genau damit werden wir uns ja in den kommenden 24 Stunden intensiv beschäftigen. Ziel der Meditation sind vor allem die Sammlung und Beruhigung des Geistes, das Trainieren klar-bewusster Wahrnehmung, des „tiefen Sehens“, das Kultivieren von Mitgefühl mit allen Wesen, die Schulung der Achtsamkeit sowie die schrittweise Auflösung der leidvollen Ich-Verhaftung. Zugegebenermaßen klingt das ganze etwas esoterisch und durchaus tiefgehend. Wir konzentrieren uns in erster Linie auf die Achtsamkeit und die Konzentration. Es gibt übrigens viele Arten der Meditation, die von der Atembeobachtung, Mantra-Rezitationen über Gehmeditationen bis hin zu Visualisierungen gehen können.
KK itself ist übrigens im Norden von Thailand an der Grenze zu Myanmar geboren, studierte in Indien, Nepal und Sri Lanka Buddhismus und lebt nun wieder in Thailand. Seine beiden Elternteile starben früh und mit 9 Jahren ging er als Lehrling in ein Kloster. Nach der Ausbildung und dem Studium entschied er sich, anders als viele der anderen Novizen, Mönch zu bleiben und sein gesamtes Leben dem Buddhismus und seinen Lehren zu widmen. In unseren Augen eine wirklich krasse Entscheidung. Was dies zu bedeuten hat, thematisieren wir weiter unten. Haltet durch, es sind durchaus ein paar lustige Funfacts dabei und die lieben wir ja 🙂
Nach der Einführung verstauen wir unser großes Gepäck im Büro und fahren mit unseren kleinen Rücksacken in Sammeltaxen zum Meditationscamp etwas außerhalb der Stadt.


Ferienlager Vibes mit Schweigefuchs
Als wir ankommen, versammeln wir uns und bekommen eine kleine Einführung. Es gibt Doppelzimmer, Geschlechter werden aber getrennt. Wie praktisch, dass wir schnell unsere Zimmergenoss:innen gefunden haben. Die erste Nacht, die wir seit Beginn der Reise nicht in einem Zimmer verbringen. Die Zimmer sind einfach eingerichtet, aber jedes Zimmer verfügt über ein eigenes Bad. Ansonsten gibt es auf dem Gelände noch einen Speisesaal zum Essen, eine Meditationshalle und ein weitläufiges Gelände mit vielen Bäumen. Wir beziehen unser Zimmer und finden uns danach unten wieder zusammen, wir kommen gerade etwas mehr in Kontakt mit den anderen Leuten, da ertönt schon der Gong und wir finden uns in der Meditationshalle wieder. Vorne stehen viele Buddha Figuren, im Rest der Halle sind Sitzkissen verteilt. Wir nehmen Platz. KK begrüßt uns ein weiteres Mal und offenbart uns eine Regel, mit der wir für die kommenden 24 Stunden so gar nicht gerechnet haben: Wir befinden uns fortan in einem Schweige-Retreat – quatschen, lästern, flüstern, austauschen, unterhalten – alles „verboten“. Wir sollen uns vollkommen auf uns und die Meditation konzentrieren. Ohje, das dürfte dann tatsächlich eine Herausforderung für uns werden. Zu zweit wäre das ja schon eine schwierige Angelegenheit, aber zu viert potenziert sich diese Herausforderung für uns. Ob wir das überhaupt durchhalten?
Jetzt begeben wir uns erstmal in die erste Meditation. Wir nehmen eine „bequeme“ Sitzposition im Schneidersitz ein und können die Hände entweder auf die Knie oder in unseren Schoß legen. Dann schließen wir die Augen und werden zu Beginn noch von KK angeleitet. Wir sollen uns auf unsere Atmung konzentrieren. Sollten die Gedanken abschweifen, sollen wir sie „zurückholen“ und uns wieder auf uns und den Atem konzentrieren. Gar nicht so einfach, denn unsere Gedanken schweifen ziemlich oft ziemlich schnell ab. Das ganze dauert 25 Minuten und als wir die Augen wieder öffnen, fühlen wir uns leicht wie in Trance. Irgendwie haben wir zwischendurch vollkommen das Zeitgefühl verloren. Oder haben wir doch geschlafen? Nun folgt eine bewegte Meditation. Wir sollen ganz langsam aufstehen und uns in Reih und Glied aufstellen. Im folgenden sollen wir jeweils drei Mal wiederholen, was KK sagt: „Staaaaanding. Staaaaanding. Staaaaanding.“ und darauffolgend auch dreimal wiederholt „Iiiiiiiiiiiintending to walk. Iiiiiiiiiiiintending to walk. Iiiiiiiiiiiintending to walk.“. Dann kann es losgehen. Jeder Schritt wird genau und in Zeitlupe vor den anderen Fuß gesetzt. Wir machen kleine und bedachte Schritte, dazu sprechen wir alle laut „Riiiiigh-ttttttt.“ – „Leeeef-tttttt.“ – „Riiiiigh-tttttt.“ – „Leeeef-ttttt.“ und so weiter. Selbst die Umkehr erfolgt nach dreifacher lauter Ansage. Ihr könnt es euch nicht vorstellen und denkt, dass wir vielleicht in einer kleinen Hirnwäsche-Anstalt gelandet sind? So wie wir roboterartig in unseren weißen Roben alle, mehr oder weniger einheitlich, mitmachen, könnte man das tatsächlich meinen. Für uns herrscht natürlich Handyverbot aber KK und sein Gehilfe und Freund machen ein paar Fotos und Videoaufnahmen, hier also der Beweis und ein erster Eindruck:





Crazy, was wir hier machen. Nur zu gerne möchten wir uns natürlich untereinander dazu austauschen, aber neeeein, das geht ja nicht. Es sind nicht mal zwei Stunden vergangen und wir würden am liebsten direkt drauf los quatschen. Jetzt ist aber erstmal Abendessen angesagt. In ganz langsamen und bedachten Schritten dürfen wir uns Richtung Essenshalle fortbewegen. Während unserer gesamten Zeit hier, sollen wir nun versuchen möglichst langsam und bedacht zu gehen. Ein Fuß vor den anderen zu setzen. Bewusst alles um uns herum wahrnehmen, den Boden, jede Berührung mit diesem, unsere Umgebung. Gegessen wir gemeinsam, erst wenn alle ihre Teller gefüllt und Platz genommen haben, dürfen wir anfangen und auch hier gilt: Ganz langsam sollen wir jeden Löffel zum Mund führen, wahrnehmen, was wir essen, alles gut kauen und das Bewusstsein und die Achtsamkeit darauf lenken. So langsam hat Konsti wahrscheinlich in seinem gesamten Leben noch nie gegessen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns alle nicht zu tief in die Augen schauen, das Lachen ist vorprogrammiert. Nach dem Essen haben wir etwas Zeit herumzulaufen, ähm besser herumzugehen oder herumzuschleichen. Danach steht noch eine weitere Meditationseinheit an. Im Anschluss ist schon Schlafenszeit. Morgen müssen wir früh aufstehen. Kaum sind wir im Zimmer, lachen wir uns an: „Schon crazy, oder?“. Upsi, da haben wir unsere Zimmer wohl zu kleinen Flüster-Cheating-Räumen umfunktioniert. So ganz ohne ein bisschen quatschen halten wir es tatsächlich nicht aus. Ein bisschen Austausch erlauben wir uns und stellen schnell fest, dass dies wohl die größte Herausforderung für uns birgt. Danach versuchen wir tatsächlich direkt zu schlafen, der Gong wird Morgen gegen 5 Uhr ertönen.
Der frühe Schweigefuchs und der Almosen-Lachanfall
Trotz unserer Bedenken so früh vom Gong wach zu werden und sich keinen Handywecker zu stellen, sind wir sofort wach. Draußen ist es noch dunkel. Wir duschen kurz und begeben uns dann in weißer Robe nach unten, alles ganz langsam und bewusst. Wir trinken einen Kaffee und dann ertönt der Gong zur Morgenmeditation. Dieses Mal meditieren wir fast 45 Minuten im Sitzen und dann folgt nochmal eine „Geh-Lektion“ mit anderen Schritten. Noch langsamer, noch achtsamer und noch bewusster sollen wir unsere Füße heben, bewegen und von vorne nach hinten absetzen. Selbstverständlich begleitet von den gemeinsam gesprochenen Wörtern. Danach folgt der symbolische Almosengang, den wir bereits in Laos kennengelernt haben. Dafür gehen wir alle einmal durch den Essensraum und jeder nimmt sich am Buffet eine kleine Schale, in die bereits etwas Reis und ein Löffel gefüllt ist. Damit gehen wir dann nach draußen auf den Platz und stellen uns in eine Reihe. Wie es der Brauch dann vorsieht, geht KK mit seiner Schale an uns vorbei und wir geben ihm unseren Reis als „Spende“ in seine Schale.
Und damit kommen wir auch schon zum lustigsten Moment des gesamten Retreats: Denn nicht alle haben das ganze Prozedere mitbekommen und richtig verstanden. Der Amerikaner mittleren Alters, der mit seiner Frau am Retreat teilnimmt, hat nämlich zu Beginn im Speisesaal die Schüssel mit Reis schon mit Suppe aufgefüllt, die es erst eigentlich später zum Frühstück geben sollte. Düdüm. So steht er nun als einziger mit einer Schüssel Suppe in der Reihe und zwar an allerletzter Stelle und kann sein Missverständnis bei jedem einzelnen vor ihm in der Reihe beobachten und es auf sich zukommen sehen. Da wir am anderen Ende der Reihe stehen, bekommen wir nicht mit, was er genau KK dann spendet, trotzdem können wir uns vor Lachen kaum zusammenreißen. Seine Frau übrigens auch nicht. Später beim Frühstück versucht sie sich immer noch, sich zusammen zu reißen, aber die Situation ist einfach zu lustig. Gut, dass uns das nicht passiert ist. Für den weiteren Verlauf des Vormittags steht noch zwei weitere Gruppensession und eine selbst geführte Meditation an. Für letzteres dürfen wir uns selbst Kissen nehmen und uns irgendwo auf dem Gelände einen Platz suchen.
Und weil wir dann noch nicht genug meditiert haben, folgt noch eine Art Abschlussmeditation in Rückenlage. Wir sollen es uns bequem machen, sogar schlafen ist erlaubt. Das lassen sich ein paar Herren nicht zweimal sagen. Keine drei Minuten später fangen die ersten lautstark an zu schnarchen – und wie! Während Konsti sich auch schon ins Land der Träume verabschiedet hat, können Chrissi, Flo und Caro sich kaum zusammenreißen. Wie soll man denn dabei meditieren, geschweige denn sich auf seine Atmung konzentrieren? Aber es nicht nur uns so. Ein paar verlassen ein paar Minuten später den Raum und auch wir halten es nicht bis zum Ende aus. Es folgt das Mittagessen und dann noch einer der besten und interessantesten Programmpunkte:
Frag doch mal KK
Statt durch die Sendung mit der Maus, lassen wir uns heute von KK unsere Fragen beantworten. In einem Stuhlkreis zusammensitzend dürfen wir nun wieder sprechen und KK alles fragen, was uns auf der Seele brennt. Er beantwortet alles sehr ausführlich und es scheint kein Tabu zu geben. Ein paar sehr, wie wir finden interessante Antworten, möchten wir mit euch teilen:
- Buddhistische Mönche dürfen nicht im Stehen pieseln, sondern nur im Sitzen. Der Grund? Im Stehen könnte man beispielsweise eher „Tiere töten“, daher ist es im Sitzen achtsamer.
- Buddhistische Mönche dürfen von anderen Menschen, insbesondere Frauen nicht berührt werden, KK darf sich sogar nicht mit einer Frau alleine in einem Raum aufhalten.
- Buddhistische Mönche sind nicht politisch aktiv, dies ist verboten. Ebenso gibt es keinerlei politische Interessenvertretung für sie.
- KK spricht offen darüber, dass man auch als Mönch gewisse „Bedürfnisse“ verspürt, denen wird allerdings nicht nachgegangen. Entgegengewirkt wird meistens mit Meditation und der Konzentration auf andere Dinge.
- Sowohl KK als auch alle anderen Mönche tragen keinerlei Unterwäsche oder „normale“ Kleidung, sie tragen ausschließlich ihr Gewand. Geduscht wird ebenfalls nicht komplett nackt, sie behalten immer eine Schicht des Gewandes an.
- Die Farbe der verschiedenen Gewänder hat nichts mit dem „Rang“ der Mönche zu tun. Es gibt ein paar festgelegte Farben und das Oberhaupt des Klosters legt die Farbe der Gewänder fest. Dunkelrot steht meistens für eine ländliche Region in Thailand, während in Städten oft orange getragen wird.
- Mönche bekommen und haben kein Geld und können sich daher selbst eigentlich nichts kaufen.
- KK ist aber beispielsweise im Besitz eines Handys und erfüllt mit seiner Sonnenbrille und seiner orangefarbenen Bommelmütze definitiv das Style-Level.
- KK darf nicht musizieren, Sport treiben oder anderen Hobbies nachgehen. Musik hören ist eine Grauzone, dabei kommt es auf die Art der Musik an. Pop und Rock fallen natürlich flach.
Gegen Ende verabschieden wir uns alle voneinander, packen unsere Sachen und treten die Heimreise nach Chiang Mai an.

Für Chrissi und Flo geht es heute noch mit dem Flugzeug und im Anschluss mit dem Minibus nach Kho Chang, eine Insel in der Nähe von Bangkok. Wir bleiben noch ein paar Tage länger in Chiang Mai und wollen uns etwas mit der weiteren Planung beschäftigen. In Bangkok werden wir uns aber noch ein letztes Mal wiedersehen, bevor es für die beiden heim und für uns in ein neues Land geht.
Ein bisschen Arbeit muss sein..
Wir verbringen ein paar entspannte Tage in Chiang Mai und widmen uns der weiteren Planung, Blogartikel schreiben und Fotos sortieren. Aktuell stehen wieder zahlreiche Entscheidungen an, wie es mit der Reise weitergeht. Gar nicht so einfach. Ursprünglich wollten wir bereits viel früher Richtung Mittel- und Südamerika starten, nun verbringen wir quasi ein Jahr nur in Asien. Hier haben wir tatsächlich auch noch ein paar Stopps vor uns, auf die wir uns aber seeehr freuen. Wir haben Lust auf etwas Kontrastprogramm, auf neue Kulturen, kälteres Wetter (mal sehen, wie lange das so bleibt) und neue Herausforderungen. Besonders gespannt sind wir übrigens auch, wie sich unser Budget entwickelt. Jetzt wird es definitiv teurer und da wir länger als ursprünglich angedacht reisen werden, müssen wir natürlich das Budget immer schön im Auge behalten. Also Konsti, der ist schließlich der Kassenwart. Ein kleines bisschen Programm steht in Chiang Mai dann aber doch noch an. In leichter Sorge über unsere anstehenden Reisepläne, möchten wir uns etwas unserer körperlichen Allgemeinverfassung, insbesondere der Fitness widmen. Die befindet sich nämlich leider auf einem sehr schlechten Level. Viel gewandert sind wir hier nicht und die Spuren des köstlichen Essens der letzten Wochen sind ebenfalls nicht spurlos an uns vorbei gezogen. Aber wer würde auch „Nein“ zu Mango Stickyrice sagen?
Sport ist Mord
Wir starten mit einer Runde Sport im Fitnessstudio. Davon gibt es in Chiang Mai, ganz im Gegenteil zu Muay Thai Studios, gar nicht mal so viele. Wir finden eine Kombi und statten dem „Studio“ einen Besuch ab. Das Studio ist vielmehr eine nicht klimatisierte Freifläche mit veralteten Geräten. Irgendwie ganz cool. Viel los ist natürlich auch nicht. Es scheint eher, als wenn sich hier ein paar Touris oder Expats austoben. Mit 100 Baht (2,57 €) Tageseintritt aber auf jeden Fall ein gutes Preis- Leistungsverhältnis und für uns sowieso vollkommen ausreichend.



Am folgenden Tag widmen wir uns dann wieder dem Motto „Kein Thailand ohne Muay Thai“. Dieses Mal wollen wir allerdings selbst in den Ring steigen. Aber nein, keine Sorge, in den Ring steigt keiner von uns. Da fehlt noch wesentlich mehr als nur „die Fitness“. Trotzdem wollen es einfach mal ausprobieren. Online haben wir eine Einzel-Trainingsstunde gebucht, da wir befürchten, beim Gruppentraining gar nicht mithalten zu können. Als wir ankommen, sind wir (vor allen Dingen aber Caro) erstmal etwas eingeschüchtert. Es ist viel los und auf der Freifläche scheinen viele Erfahrene (meist oberkörperfrei) zu trainieren. Caro fühlt sich ungefähr so, wie im Langhantelbereich eines Fitnessstudios: unwohl. Aber nun führt kein Weg mehr dran vorbei. Da müssen wir jetzt durch. Wir wärmen uns mit den anderen Leuten gemeinsam auf, alleine das treibt unseren Puls und die Schweißproduktion in die Höhe. „Warm“ war uns sowieso schon vorher und alleine diese 5 Minuten hätten für den Muskelkater wahrscheinlich schon gereicht. Dann lernen wir unseren Lehrer kennen, ein kleiner lachender Mann. Das mit dem Lachen zieht sich übrigens durch die gesamte gemeinsame Stunde. Zugegebenermaßen: Wir liefern ihm viele Gründe dafür. Nach einer kurzen Einführung über die Schlag- und Tritttechniken, üben wir etwas am Boxsack, schieben immer wieder kleine Bauchmuskelübungen ein und schließlich geht es ans Pratzen-Training. Während Konsti am Boxsack weiter warm bleiben und üben soll, muss Caro als erstes ran. Auf Ansage sollen nun Schläge und Tritte folgen. Wir sagen euch, das ist gar nicht so einfach. Von Automatismus keine Spur und so kommt es durchaus gar nicht mal so selten vor, dass wir falsch reagieren. Sehr zur Erheiterung unseres Trainers. Wir können uns gut vorstellen, dass es für ihn sehr lustig aussehen muss. Das verlangt uns wirklich einiges ab: Konzentration, Kraft, Ausdauer und Durchhaltevermögen. Aber die Zeit geht wie im Flug um und am Ende sind wir super ausgepowert und hatten jede Menge Spaß dabei. Ein richtig cooler Sport, bei dem man mehr als nur fit werden kann. Natürlich können wir uns nicht vorstellen, wie es sein muss, wirklich in den Boxring zu steigen und zu kämpfen.




Bye Chiang Mai
Ein letztes Mal laufen wir durch Chiang Mai.




Wir lassen uns das köstliche Essen (nach dem Sport versteht sich) natürlich nicht entgehen und genießen am Abend noch einmal die vorzügliche nordthailändische Küche. Sowohl die Currys als auch das Khao Soi haben es uns sehr angetan. Natürlich schmeckt es immer und überall anders, aber immer gut. So langsam müssen wir uns auch mit dem Gedanken anfreunden, dass es bald nicht an jeder Ecke frisch gepresste Säfte, geschnittenes Obst und köstliche Speisen für den schmalen Taler gibt.


Mit dem Nachtzug geht es dieses Mal wieder zurück nach Bangkok. Wir decken uns mit Speisen, Wasser und warmen Klamotten ein und verabschieden uns von Chiang Mai – bye bye Chiang Mai.