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Guatemala  /  23. Juli 2024

Die Geschichte von Nouri am Lake Atitlan

Morgens um 7 Uhr geht es voll beladen auf der Ladefläche des Geländewagens zurück nach Lanquin. Hier müssen wir dann warten und uns von Gerald verabschieden. Für ihn geht es heute zurück nach Antigua, für uns geht es direkt ein Stück weiter zum Lake Atitlan. Wahnsinn, wie viele Tourist:innen plötzlich aus allen Ecken auftauchen und auf die Busse verteilt werden. Ein paar Gesichter kommen uns von der Hinfahrt bekannt vor. Man bleibt hier wahrscheinlich nie länger als zwei bis drei Nächte. Egal, wo es alle hintreibt, alle dürften eine lange Fahrt vor sich haben. Der Fahrer begrüßt uns alle und erklärt, dass wir eine Umstiegspause machen und dann noch zwei Mal halten werden. Alles klar, dann mal los.

Beef im Auto

Wir versuchen uns mit Podcasts von den kurvigen Straßen abzulenken. Ein kleines bisschen hoffen wir, dass wir heute erneut Halt bei McDonalds machen. Leider nein. Dafür bekommen wir noch die etwas andere Art an Entertainment. Eine Mitreisende (die schon auf der Hinfahrt mit uns im Auto saß), scheint unzufrieden über das Nicht-Einschalten der Klimaanlage zu sein, was sie dem Fahrer deutlich mitteilt. Der Fahrer erklärt, dass wir die Anlage etwas später einschalten, aber das es dem Auto bei den bergigen Straßen zu viel wird mit Klimaanlage. Aktuell ist es mit offenen Fenstern auch noch zu ertragen, hey, immerhin haben wir Fahrtwind. Zudem hängt im Bus sogar eine Info-Zettel, dass aufgrund der Steigung in den Bergen die Klimaanlage aufgrund der Motorleistung zwischendurch ausgeschaltet werden muss und dass sich das Unternehmen für die Unannehmlichkeiten entschuldigt. Das scheint ihr nicht besonders zu gefallen. Sie sitzt direkt neben dem Fahrer auf einem einzelnen Platz und entscheidet bei der erstem Umstiegspause kurzerhand, dass sie die Klimaanlage selbst anschaltet während der Fahrer nicht da ist. Das gefällt ihm natürlich nicht. Es geht etwas hin und her, fast wie eine Eltern-Kinder-Diskussion: Klima an, Klima aus. Anscheinend gibt der Fahrer nach. Vorsichtig schließen wir anderen die Fenster, beides macht ja keinen Sinn. Man könnte jetzt denken, dass der kleine Beef jetzt vorbei wäre, aber nein, sein Höhepunkt steht noch bevor. Irgendwann macht der Fahrer die Klimaanlage nämlich wieder aus und es ist schwitzen angesagt. Die beiden versuchen miteinander zu kommunizieren, der Fahrer ruft sogar jemanden an und will ihr das Handy in die Hand drücken. Sie ignoriert ihn. Wir sitzen ein paar Reihen weiter hinten und können die Inhalte der Unterhaltung nur erahnen, trotzdem verfolgen wir das Entertainment aufmerksam.

Es ist schon Nachmittag als wir wieder mitten im nirgendwo halten und etwas länger Pause machen. Wir bekommen mit, wie kurz vor der Weiterfahrt erneut eine Diskussion beginnt. Wir schauen uns an. Natürlich hat hier niemand Lust auf komplett durchgeschwitzte Shirts und Hosen (und ja, unsere Hosen sind auch komplett nassgeschwitzt), aber so ist das nun Mal, wir sind eben nicht in good old Germany oder wo die Dame auch herkommt. Es scheint ein richtiger Streit zu sein. Wir überlegen schon, ob wir irgendwie „vermitteln“ können, da erbarmt sich ein anderer Mitreisender, der sowohl gut Englisch als auch Spanisch spricht. Die Sprache ist allerdings nicht die tatsächliche Hürde. Die Mitreisende will ihr Geld zurück haben und will dafür dann auch hier aussteigen. Da wären wir wieder beim Kindergarten-Verhalten, wie ein trotziges kleines Kind beschwert sie sich und zeigt auf ihr nass geschwitztes T-Shirt. Der Fahrer ist offensichtlich etwas ratlos und versichert ihr, dass sie sich gerne beschweren könne, aber er sie ungern hier mitten im Nirgendwo stehen lassen möchte. Nach einer weiteren Diskussion, einer Verzögerung der Weiterfahrt und einem gescheiterten Vermittlungsversuch, fahren wir dann mit allen und ohne eingeschaltete Klimaanlage weiter. Oh mann, uns tut vor allem der Fahrer Leid. Der Arme hat heute keinen guten Tag. Gegen 18 Uhr kommen wir in Panajachel an. Für heute ist das unsere Endhaltestelle. Wir haben uns gegen eine Weiterfahrt entschieden und haben uns für eine Nacht eine günstige Unterkunft gebucht. Als wir aussteigen, fragt uns der Fahrer, ob alles in Ordnung war. Konsti antwortet freundlich und mit einem Augenzwinkern, dass für uns alles super war und bedankt sich für die Fahrt. Der Busfahrer schaut etwas erleichtert und gibt uns zu verstehen, dass er wirklich ratlos über das Verhalten der jungen Frau ist. Auch alle anderen Mitfahrer:innen bedanken und verabschieden sich nett, irgendwie scheint allen die Situation oder eher die Touristin unangenehm gewesen zu sein.

Zwischenstopp in Panajachel

Wir spazieren zu unserer Unterkunft, die glücklicherweise nicht weit weg ist. Es ist niemand weit und breit zu sehen, aber an einem Zimmer steht groß Konstis Name geschrieben. Das dürfte dann wohl unser Zimmer sein.

Es gibt keinen Ventilator, aber den brauchen wir auch nicht. Hier ist das Klima um ein Vielfaches angenehmer. Der See liegt knapp 1.500 m über dem Meerespiegel, richtig erfrischend. Wir sind wieder ganz schön müde und kaputt von der Fahrt und beschließen, dass wir uns irgendwo etwas günstiges zu essen suchen wollen. Die angezeigten Restaurants sind alle überteuert und sprechen uns nicht wirklich an. Wir wollen nur irgendwas einfaches. Wir laufen einfach drauf los und landen in einem kleinen Straßengeschäft, dass Quesadillas auf der Karte hat. Wir bestellen uns ein paar Quesadillas, die mit frisch gemachter Guacamole und einer scharfen Salsa serviert werden. Ein Traum, es schmeckt richtig lecker und wir bezahlen weniger als für ein Gericht in einem anderen Laden. Danach geht’s nur noch zurück in die Unterkunft und ab ins Bett. Den nächsten Morgen wollen wir entspannt angehen. Es gibt einen kleinen Innenhof mit Küche und wir machen es uns dort mit dem Frühstück bequem, bevor wir uns wieder auf den Weg machen.

Naherholungsgebiet Lake Atitlan

Der See ist bei weitem kein Geheimtipp und scheint das kleine Naherholungsgebiet für Antigua und Guatemala Stadt zu sein. Der See ist komplett auf Tourismus ausgelegt. Am Ufer gibt es viele kleine Ortschaften, die jede Zielgruppe mit unterschiedlichen Angeboten und Highlights anlocken. Der 130 Quadratkilometer große See ist umgeben von drei Vulkanen (Tolimán, Atitlán und San Pedro). Hier leben besonders viele indigene Menschen, deren Lebensgrundlage Tourismus, die Landwirtschaft und der Fischfang ist. Der See liegt übrigens in einem Krater, der vor ungefähr 84.000 Jahren durch die Explosion eines sehr großen Supervulkans entstand. Im Laufe der Zeit ist der Wasserspiegel des Sees immer weiter angestiegen, da das Tal keinen natürlichen Abfluss hat. Angeblich soll es hier sogar Pumas geben, aber schon jetzt sind wir uns sicher, dass wir wohl kaum einem kleinen Puma begegnen. Bei der Wahl unserer Unterkunft entscheiden wir uns für den Ort San Juan de La Laguna. Es soll der „Künstlerort“ am See sein und liegt direkt neben San Pedro, dem Backpacker-Paradise. San Marco ist berühmt die die etwas alternative Yoga- und Hippieszene und veganes Essen. Auch verlockend, aber leider soll es dort auch wesentlich teurer sein. Und naja, zieht wahrscheinlich auch ein gewisses Backpacker-Klientel an. Die Liste geht endlos weiter, aber wir verlassen uns einfach auf die Empfehlungen von Tim und Taco, sowie von Moritz, der erst vor ein paar Tagen länger am See war, um hier eine Sprachschule zu absolvieren. Denn neben Antigua ist auch der See sehr bekannt für zahlreiche Spanisch-Schulen. Wie es sich für ein Naherholungsgebiet gehört, gibt es natürlich jede Menge zu entdecken: Ortschaften, Tasting-Touren für Kaffee, Honig und Kakao, Bootstouren sowie zahlreiche andere Wassersportangebote, Wanderungen, lokale Handwerkskunst und jede Menge Cafés und Restaurants. Einen genauen Plan haben wir bisher nicht, aber nach den Reisetagen haben wir uns entschieden, drei Nächte hier zu verbringen.

Liebe auf den ersten Blick?

Mit einem kleinen Boot oder wie man hier sagt „Lancha“ setzen wir über nach San Juan. Die Lanchas klappern alle Orte am See nacheinander ab, es steigen Leute ab und auf. Unsere Rucksäcke liegen ziemlich wackelig einfach oben auf dem Deck und wir hoffen, dass wir nicht zu sehr ins Schaukeln kommen mit dem kleinen Bötchen, sodass unsere Backpacks und wir trocken ankommen.

Angekommen in San Juan geht es einmal die bunte Straße mit den Regenschirmen den Berg hoch und schon sind wir an unserer Unterkunft. Es sieht richtig einladend und entspannt aus. In einem großen Garten mit Avocado- und Mangobäumen hängen ein paar Hängematten und es gibt überdachte Sitzgelegenheiten.

Das Zimmer ist recht dunkel, aber alles ist vollkommen okay. Etwas in die Jahre gekommen, eine sehr rudimentär eingerichtete Küche, aber dafür zwei Katzen. Eine weiße Katze, die zur Unterkunft gehört und dann wäre da noch die kleine schwarze Katze mit dem buschigen Schwanz, der aussieht wie ein kleiner Staubwedel. Während die weiße Katze sich am Anfang etwas zurückhaltend oder sagen wir eher „desinteressiert“ zeigt, ist die kleine schwarze Katze wesentlich neugieriger. Oder vielleicht einfach nur hungrig? Sie lässt sich auf jeden Fall bereitwillig streicheln. Süße kleine Katze.

Die Besitzerin der Unterkunft jagt die kleine Katze später weg und erklärt, dass sie nicht zur Unterkunft gehört und die weiße Katze es wohl nicht mag, wenn sie sich hier herum treibt. Hm, ob die schwarze Katze das auch weiß und genauso sieht? Sagen wir mal so, von dem „Verscheuchen“ zeigt sie sich wenig beeindruckt.

Wandern ja oder doch nein?

Heute wollen wir entspannt ankommen und ein paar Pläne schmieden. Wir fragen beim netten Besitzer der Unterkunft nach, was wir so machen können. Von San Juan gibt es einen nahegelegenen Berg, die Indian Nose. Er bietet Sonnenaufgangstouren an, bei denen man erst mit dem Bus in einen Nachbarort fährt und dann ca. 30 Minuten zum Gipfel läuft. Dann gibt es noch eine kleine Aussichtsplattform mit Aussicht auf den See, die nicht weit entfernt liegt. Wir fragen nach, ob wir auch alleine von hier aus zur Indian Nose wandern können. Joa, er würde es nicht empfehlen, zumindest nicht ohne Guide. Denn unterwegs können immer wieder Leute auftauchen, die Geld für die Nutzung des Weges verlangen, da es sich um Privatland handelt. Das könnte ein Fass ohne Boden sein und am Ende teurer werden, als wenn man einfach eine Tour bucht.

Die alternative Wandung, die wir uns vorher angeschaut haben, würde übrigens vom Nachbarort San Pedro starten und auf den Vulkan gehen. Aber das bereitet uns aus verschiedenen Gründen etwas Bauchschmerzen. Wir haben oft (vielleicht etwas zu oft) gelesen, dass es auf dieser Strecke immer wieder zu (bewaffneten) Überfällen kommt. Manchmal wird nur Geld verlangt, manchmal wird der gesamte Rucksack und auch die Handys abgezogen. Seit zwei Jahren wird die Strecke von Polizisten überwacht, Überfalle gibt es dennoch manchmal. In ein paar Berichten lesen wir, dass die Polizisten Wander:innen zum Umkehren geraten hätten. Wohlbemerkt nachdem diese am Eingang 100 Quetzales Eintritt gezahlt haben. Wir haben natürlich keine Lust abgezogen zu werden, insbesondere um unsere Handys haben wir hierbei die größte Angst. Außerdem finden wir 100 Quetzales pro Person auch viel Eintritt für eine Wanderung, die man dann ggf. nicht bis zum Gipfel laufen kann. Wir lassen uns das nochmal durch den Kopf gehen.

Buntes San Juan

Erstmal wollen wir eine Runde durch den Ort drehen und die Einkaufsmöglichkeiten auschecken. Alles ist fußläufig und es ist unverkennbar, dass hier der Künstler-Ort ist. Überall sehen wir Streetart, der Straßenbelag ist bemalt und über den Straßen hängt ebenfalls Kunst. Es gibt kleine Galerien und alles ist bunt. Es gibt viele kleine Läden mit noch mehr Souvenirs in allen Formen und Farben, aber auch kleine Cafés und Restaurants.

Das Wetter ist sehr bewölkt und gegen Ende kommen auch ein paar Regentropfen runter. Wir genießen es sehr, dass es nicht so unfassbar heiß ist. Wir finden unseren lokalen Gemüse- und Obstdealer sowie einen Supermarkt. Supermarkt ist vielleicht etwas hoch gegriffen. In einer alten Halle findet man hier so ziemlich alles. Viel davon braucht wahrscheinlich kein Mensch, aber wir bekommen sogar Batterien und ein paar bezahlbare Gewürze. Das beste, was für euch vielleicht nicht zu 100 Prozent nachvollziehbar ist: Wir erstehen Weißwein im Tetrapak. So lange schon haben wir Lust auf einen kühlen Weißwein und dieser hat wirklich einen guten Preis, wir geben ihm eine Chance. Da steht unserem Abendessen ja nichts mehr im Wege.

Wir schlendern zurück ins Hostel und machen es uns in den Hängematten bequem, während es anfängt zu regnen. Richtig gemütlich ist es hier draußen. Am Abend machen wir uns in der Küche breit und kochen uns Nudeln mit Zucchini-Sahne-Soße. Die Sahne ist etwas anders als wir es kennen, dabei haben wir extra nochmal gefragt, ob in der Plastiktüte wirklich Sahne ist. Naja, es schmeckt ganz gut, wir haben glücklicherweise noch etwas Milch, mit der wir die Soße verdünnen können. Und wer leistet uns in der Küche Gesellschaft? Die kleine schwarze Katze. Sie schlängelt sich um unsere Beine und teilt uns lautstark mit, dass auch sie sehr großen Hunger hat. Süße Miezi. Sie braucht definitiv einen Namen und etwas zu essen. Hoffentlich sieht uns nur keiner dabei, wir haben ja eben erst erzählt bekommen, dass sie eigentlich nicht zur Unterkunft gehört. Wenn wir ihr jetzt auch noch Futter in der Küche geben, steigen wir mit Sicherheit nicht auf der Beliebtheitsskala der Unterkunft. Dafür aber in der Beliebtheitsskala der Katze. Also überlegen wir nicht lange. Noura, oder kurz Nouri, bekommt erstmal ein bisschen Milch. Unser vegetarisches Essen ist natürlich nichts für sie, als sie aber nach der Milch immer noch Hunger hat, begnügt sie sich auch mit ein paar Nudeln (ohne Soße natürlich). Morgen müssen wir definitiv Katzenfutter kaufen. Wir sind wirklich verliebt in die kleine Maus. Nachdem sie fertig gegessen hat, leistet sie uns noch weiter Gesellschaft und lässt sich genüsslich kraulen.

Der Weißwein schmeckt wirklich nicht schlecht, wahrscheinlich würde er auch Gläsern noch besser schmecken als aus den Plastikbechern, aber da wollen wir uns mal nicht zu sehr beschweren. Nach dem Essen machen wir es uns im Zimmer bequem und treffen endlich eine Entscheidung für den morgigen Tag.

Fast zum Sonnenaufgang

Wir entscheiden uns für die Tour zur Indian Nose. Da wir den Weg nach oben aber nicht komplett im Dunkeln und mitten in der Nacht gehen wollen, entscheiden wir uns, einfach den Wecker recht früh zu stellen, einen Kaffee zu trinken, zu frühstücken und uns dann auf den Weg zu machen. Heute dauert irgendwie alles länger. Nouri ist natürlich auch wieder am Start und möchte schließlich auch eine Kleinigkeit frühstücken. Irgendwann kommen wir dann doch los. Wir müssen ein Stück durchs Dorf und passieren dann unsere erste Zahl-Station. Der Weg führt am Aussichtspunkt von San Juan vorbei, der kostet Eintritt. Alles sieht sehr offiziell aus und wir bekommen auch ein Ticket ausgehändigt. Zur Sicherheit fragen wir nach, ob dies auch der richtige Weg zur Indian Nose ist. Das ist korrekt. Caro fragt nach, ob wir noch ein weiteres Mal Eintritt zahlen müssen. Die Dame bejaht dies eindeutig, wie viel das sein wird, kann sie uns allerdings nicht sagen „Mal so, mal so.“. Das klingt, entsprechend unseren Erwartungen, weniger offiziell und einheitlich. Naja, wir werden es ja sehen.

Wir starten die erste kleine Etappe zum Aussichtpunkt. Der Weg ist gut ausgebaut und geteert. Der Rand ist voll von kleinen Verkaufsbuden. Zur jetzigen Uhrzeit sind die Besitzer:innen aber gerade erst dabei die Läden langsam aufzumachen. Es ist noch fast nichts los. Die Aussichtsplattform ist wieder hübsch bemalt und gestaltet. Von hier haben wir einen schönen Ausblick auf San Juan, San Pedro und den See. Ein paar Hunde sind zu unserer Freude auch schon hier oben. Unser Blick schweift nach links. Nach da oben wollen wir gehen? Die Indian Nose ist aufgrund ihrer Form, die tatsächlich aussieht wie eine Nase (oder eigentlich wie ein ganzes Gesicht im Profil und um 90 Grad gedreht wie Konsti hier zum Besten gibt), klar zu erkennen.

Einen richtigen Weg können wir nicht erkennen, aber das wird sich wohl schon ergeben. Wir gehen ein kleines Stück zurück und biegen auf einen kleinen Trampelpfad ab.

Landwirtschaft mal anders

Der kleine Weg ist sehr staubig und führt langsam den Weg hinauf. Kaum sind wir ein paar Meter gegangen, erkennen wir, dass rechts und links von uns ein paar Kaffeepflanzen sind. Es ist allerdings keine richtige Plantage, sondern vielmehr ein paar Büsche, die zwischen diversen anderen Pflanzen zu gedeihen scheinen. Ab und zu stehen auch ein paar Arbeiter neben dem Weg und sind mit Macheten zu Gange. Da wir die letzten Tage diverse Gruselgeschichten von der anderen Wanderung gelesen haben, sind wir aufmerksam und vorsichtig. Aber entgegen unser Worstcase-Szenarien machen die Arbeiter nicht die geringsten Anstalten uns mit einer Machete „bewaffnet“ Wegzoll oder unseren Handys zu fordern. Sie grüßen einfach nur nett. Oh mann, wir müssen fast ein bisschen über uns selbst lachen.

Eine Frau ist sogar unsere Rettung. Auf dem Weg liegt ein süßer Hund, der beim näher kommen doch nicht mehr so süß zu sein scheint. Er fletscht seine Zähne und gibt uns zu verstehen: An mir kommt ihr nicht vorbei. Oder: Sucht euch gefälligst einen anderen Weg, für euch bewege ich mich hier keinen Millimeter weg. Wir stehen einen Moment ratlos vor dem Hund. Kommen wir unten oder oben an ihn vorbei? Es ist recht steil und überall wächst Gestrüpp. Da kommt die nette Frau lachend an, stapft selbstbewusst an uns vorbei und treibt den Hund ein paar Meter weiter. Sie hat schließlich eine Machete. Wir lachen und bedanken und ausgiebig, dann ziehen wir schnell am Hund vorbei, bevor dieser wieder seinen Platz für sich beansprucht. Immer weiter schlängelt sich der Trampelpfad nach oben. Dann erreichen wir eine Art kleines Plateau. Hier gibt es richtige Felder, auf denen (wahrscheinlich) Gemüse angebaut wird. Auf einer grünen Wiese weiter hinten grasen Kühe. Damit haben wir hier oben nun wirklich nicht gerechnet. Aber so langsam verstehen wir, warum dies hier Privatbesitz ist. Hier betreiben die Bauern tatsächlich richtige Landwirtschaft. Ganz geschafft haben wir es allerdings noch nicht. Wir müssen noch einen letzten Anstieg hinter uns bringen.

Aussicht mit (ein bisschen) Nebel

Also wir wieder einen Hund sehen, der den Weg zu bewachen scheint, statten wir uns vorsorglich mit ein paar Keksen aus. Der Hund hat sichtlich Angst vor uns, freut sich aber über den Wegzoll. Dann haben wir es geschafft. Am Gipfel werden wir von zwei Männern in Empfang genommen. Sie sind etwas erstaunt, dass wir ohne Guide hier sind. Zahlen müssen wir trotzdem. Sie erklären uns, dass es Privatgrund ist und dass wir für den Aussichtspunkt eine kleine Gebühr zahlen müssen. 50 Quetzales, umgerechnet knapp 6 Euro. Gut, das wussten wir ja. Es ist für uns auch vollkommen okay (wenn auch etwas teuer). Dafür ist die Aussicht wirklich schön und überall befinden sich kleine Sitzbänke. Wir sind fast alleine hier. Abgesehen von drei Studierenden (?), die sich einen Vulkan-Vortrag von einem Mann anhören. Ganz cool eigentlich. Da der „Dozent“ mit Cowboyhut recht laut und auf Englisch referiert, können wir ein bisschen lauschen. Ein kleiner Gratis-Vulkan-Vortrag.

Wir suchen und also ein gemütliches Plätzchen, schnabulieren eine Banane und ein paar Nüsse und hören ein kleines bisschen zu. Die Aussicht ist wirklich schön. Für unsere Verhältnisse sitzen wir wirklich lange hier oben und nehmen noch ein kleines Geburtstags-Ständchen für Konstis Nichte auf. Dann machen wir uns aber doch irgendwann auf den Heimweg. Wir hören ein bisschen Podcast und kommen ohne weitere Hunde- und sonstige Wegzölle zurück zur Unterkunft. Die Dusche haben wir uns definitiv verdient.

Danach überkommt uns der Hunger und wir besorgen uns etwas zu essen. Wir entscheiden uns für selbstgemachte Guacamole auf einem Brötchen. Dafür haben wir uns auf dem Weg noch schnell alles besorgt und haben dabei auch die grööößten Mangos aller Zeiten entdeckt. Leider waren die noch nicht so wirklich reif und wir mussten sie liegen lassen. Wir sind selbst ein bisschen überrascht, wie gut die Guaca-Brötchen-Kombo schmeckt.

Den Rest des Tages entspannen wir auf der Hängematte und essen abends die Reste vom Vortag. Wie versprochen haben wir Nouri etwas Katzenfutter besorgt. Sagen wir mal so, sie isst es, aber Begeisterung sieht anders aus. Wahrscheinlich hätte sie lieber eine ordentliche Portion Hähnchen. Wir können es ihr nicht verübeln. Als sie nach dem Essen noch weiter laut maunzt, bekommt sie eine ausgiebige Schmuseeinheit auf Caros Schoß. Das scheint es gewesen zu sein, was sie noch wollte. Sie macht es sich bequem und schlummert friedlich ein. Ach Nouri, du süße kleine Maus.

Als wir später zum Zähne putzen aus dem Zimmer kommen, steht sie dort und wartet quasi nur darauf, dass wir sie rein lassen. Na gut, ausnahmsweise. Das macht sie wohl nicht zum ersten Mal. Sie macht es sich auf dem Bett bequem. Dann haben wir heute wohl einen Übernachtungsgast. Sie schläft tatsächlich ein und Caro lässt sie irgendwann morgens raus, als sie mit einem kurzen Maunzer darum bittet.

Ausflug nach San Pedro

Heute machen wir einen Abstecher nach San Pedro. Das Nachbardorf liegt quasi in der nächsten Bucht. Nach dem Frühstück machen wir uns zu Fuß auf den Weg und sind ca. eine halbe Stunde unterwegs. San Pedro liegt am Fuße des gleichnamigen Vulkans und soll das Eldorado für Rucksacktourist:innen sein. Es gibt günstige Unterkünfte, Bars, Sprachschulen und das passende Freizeitprogramm. Wir steuern zuerst die Kirche und einen hübsch angelegten Vorgarten an. Dann laufen wir einfach ein bisschen durch das Städtchen. Es ist ganz süß, wobei uns schon auffällt, dass hier mehr Tourenanbieter am Straßenrand sind. Über einen kleinen Weg kommen wir direkt zum Wasser, wo wir uns ein bisschen hinsetzen und überlegen, wie wir unsere kommenden Tage planen.

Wir müssen nämlich ein bisschen umdisponieren und planen. Denn: Wir haben einen Housesit ergattert. Dieser beginnt allerdings schon am 1. Juni auf einer Insel in Honduras. Bis zum 26. sind wir allerdings eigentlich noch in der Sprachschule bzw. bei unserer Gastfamilie und unser Zwischenziel El Salvador wollen wir vor Honduras eigentlich auch noch kurz bereisen. Das wird alles wieder eine knappe Kiste, aber auf der anderen Seite freuen wir uns sehr, über diese schnelle Zusage. Katie, eine Rentnerin aus den USA, hat die Anzeige gestern geschaltet, wir haben uns beworben und keine Stunde später hatten wir die Rückmeldung, dass wir abends telefonieren könnten. Ein paar weitere Stunden später hatten wir dann auch schon die Zusage. Ab dem 1. Juni passen wir für 11 Tage auf zwei Hunde und zwei Katzen auf. Ursprünglich wollten wir zwar auf die Nachbarinsel, die etwas mehr auf Rucksackreisende ausgerichtet sein soll, aber Roatan klingt ebenfalls super.

Insbesondere weil die Inseln ein deutlich höheres Preisniveau haben, freuen wir uns, dass wir zumindest bei der Unterkunft sparen können. Dafür müssen wir jetzt ein paar Kompromisse für die kurze Zeit dazwischen finden.

Eigentlich wollten wir uns in San Pedro in eines der Cafés setzen und uns einen guten Kaffee oder einen Snack gönnen. Das Frühstück ist allerdings noch nicht allzu lang her und dann beschließen wir, doch einfach wieder gemütlich zurück zu spazieren. Wir schauen uns noch ein paar Straßen an und gehen dann zurück. In San Juan erledigen wir direkt unsere Einkäufe für heute Abend und versorgen uns ein weiteres Mal mit den Zutaten für ein Guacamole-Brötchen. In der Unterkunft begeben wir uns an die Planungen. Gegen späten Nachmittag wollen wir aber doch nochmal los. Wir schauen uns die Kirche in San Juan an und gehen auch hier runter ans Wasser zum Bootsanleger. Die Sonne geht bald unter und auch wenn es etwas diesig und neblig ist, ist es trotzdem ganz nett.

Begegnung der etwas anderen Art

Diese Bekanntschaft hätten wir euch gerne erspart, aber da müssen wir jetzt noch einmal zusammen durch. Bereits gestern sind in der Unterkunft eine junge Frau und ein junger Mann gemeinsam eingetroffen. Die beiden haben sich wohl gerade erst kennengelernt und reisen eigentlich beide alleine. Natürlich haben wir immer nett gegrüßt, uns aber ansonsten sehr zurückgehalten. Sie unterhalten sich auf Englisch, aber wir hören schnell heraus, dass sie aus Deutschland kommt. Er ist Engländer. Sie redet wirklich unfassbar viel, während er kaum zu Wort kommt. Besonders gerne redet sie über sich. Und falls sich die Wege der beiden doch mal kurz trennen, verschickt sie Sprachnachrichten, denn schließlich muss sie ja noch diversen anderen Menschen ganz viel von sich erzählen. Wir versuchen angestrengt, NICHT zuzuhören, was gar nicht mal so einfach ist, wenn jemand zwei Meter neben einem sehr sehr viel, laut und auf Deutsch erzählt. Uns ist schnell klar: Das ist nicht die gleiche Wellenlänge. Kein Problem, wir gehen einer Konversation aus dem Weg und werfen uns lediglich zwischendurch bemitleidende Blicke zu, wenn der Engländer mal wieder zugetextet wird. Er scheint nämlich eigentlich ganz nett zu sein. Aber dann, an unserem letzten Abend, passiert das, was wir tunlichst vermeiden wollten: Eine Begegnung in der Küche während wir am Kochen sind. Kein Ausweg sozusagen.

Sie spricht uns an und in der folgenden halben Stunde erfolgt fast ausschließlich ein Monolog, der aus eigener Lobpreisung besteht. Schlimmer als im Film. Sie ist nämlich einfach nur krass:

  • Ihr Spanisch ist nämlich wieder SEHR, SEHR gut (wenn nicht gar auf Muttersprachniveau) und sie reist auch meistens immer nur mit Locals abseits der Touristenrouten (Weshalb sie dann wohl in einem Backpacker-Hostel am Lake Attitlan ist?!).
  • Sie ist schon lange unterwegs und das ist ja auch schon ihre zweite Weltreise. Daher weiß sie sowieso grundsätzlich alles und sie kann übrigens auch sehr perfekt spanisch.
  • Dass es in Ecuador gefährlich sein soll, kann sie nicht wirklich verstehen. Aber ihr wisst ja, sie war ausschließlich mit Locals unterwegs (sie kann ja Spanisch). In Mexiko oder Costa Rica ist es eigentlich viel gefährlicher, aber da berichtet die Presse ja nicht davon, weil sie bezahlt wird, um keine bad news zu verbreiten. Mit Mexiko ist sie sowieso nicht warm geworden. (Wahrscheinlich ist es ihr dort einfach zu touristisch.)
  • Sie reist alleine und das ist natürlich einfach krass, wie sie es selbst einschätzt.
  • Tauchen kann sie übrigens auch, natürlich. Und das auch ziemlich gut. Und sie liebt ja die Taucher-Community. Tauchen ist natürlich nicht touristisch.
  • Wenn sie reist, dann unternimmt sie natürlich immer krasse Sachen und ist super aktiv, als nächstes fliegt sie übrigens von Guatemala nach Nicaragua, um sich dort zum Strandurlaub mit Freundinnen zu treffen. Aber wenn man so gut Spanisch kann, findet man sicher mit den Locals ein paar ganz geheime Strand-Spots 😉

Das ist nur ein Auszug und wir könnten noch fünf Mal ergänzen, wie sie uns unter die Nase gerieben hat, wie krass sie selbst und ihr Spanisch ist. Ungelogen, es war kaum zu ertragen. Wir haben wirklich versucht, eine Unterhaltung aufzubauen, Fragen zu stellen und Interesse zu zeigen. Unmöglich. Aber: Jeder nach seiner Façon. Wir müssen auch nicht mit jeder Person interessante Unterhaltungen führen, uns austauschen oder gut verstehen, aber das war wirklich der Albtraum einer Reisebegegnung. Als wir fertig gekocht haben, verziehen wir uns mit den Tellern nach draußen und sind einfach nur glücklich, dass unsere Wege sich morgen trennen. Stellt euch mal vor, dass mit einer solchen Person eine Woche gemeinsam unterwegs ist.

Noch ein paar kleine Funfacts:

  • Anstatt des lokalen Chicken Busses nutzt Madame zur Weiterreise den komfortablen Touri-Shuttle. Erscheint uns merkwürdig, denn dort sitzen ja gar keine Locals drin.
  • Als Navigationsapp zum Finden von Wanderungen hat sie einen total verrückten Geheimtipp: Komoot. Da sind wir wirklich baff! (Abgesehen davon, dass es für bestimmte Regionen deutlich bessere Apps als Komoot gibt)

Wir wollen uns den letzten Abend natürlich nicht vermiesen lassen, außerdem müssen wir die Zeit mit Nouri noch auskosten. Wir haben uns wirklich so sehr in diese kleine schwarze Katze verliebt. Konsti spricht es irgendwann aus. Können wir sie nicht einfach einpacken und mitnehmen? Oder auf dem Rückweg noch einmal hierhin kommen und sie einsammeln? Es bricht uns das Herz, dass sie hier eigentlich kein schönes Zuhause hat. Dabei ist sie so niedlich und liebesbedürftig. Wir schmieden ein paar absurde Nouri-Rettungspläne und wissen gleichzeitig, dass wir uns morgen verabschieden müssen. Das macht uns richtig traurig. Aber zumindest heute bekommt sie nochmal ein gutes Abendessen und viiiele Streicheleinheiten. Sie kuschelt sich richtig mit uns ins Bett. Also sie zu später Stunde raus will, drückt Caro sie nochmal ganz fest. Wahrscheinlich ist es das letzte Mal, dass wir sie sehen.

Chickenbus-(Alb)traum

Am nächsten Morgen stehen wir früh auf, wir haben uns vorgenommen mit den öffentlichen Bussen zu fahren. Konsti hat dafür eine Strecke mit dem Boot und diversen Umstiegen herausgesucht. Da wir keine Simkarte und somit kein Internet haben, müssen wir uns immer ein bisschen besser auf einen Reisetag vorbereiten und die jeweiligen Orte und Umstiege abspeichern. Als wir zahlen, gibt uns der Besitzer noch einen Tipp: Wir können auch direkt hier in einen Chickenbus einsteigen, sodass wir nicht erst mit dem Boot fahren müssen. Dieser kommt allerdings erst um 11 Uhr, also in knapp zwei Stunden. Aber gut, wenn das günstiger ist und einmal weniger Umsteigen bedeutet, dann machen wir das doch einfach.

Wir machen es uns also nochmal bequem und arbeiten noch ein paar to do’s ab. Wir hoffen die ganze Zeit inständig, dass Nouri nochmal kommt, leider nicht. Vielleicht aber auch gut so, dann war der Abschied wenigstens kurz und „schmerzlos“ (naja). Pünktlich um kurz vor 11 rauscht ein Chickenbus direkt vor unserer Unterkunft an. Unsere großen Rucksäcke werden im Eiltempo aufs Dach geschmissen und wir springen schnell rein. Hinten sind noch ein paar Plätze frei. Ab geht die wilde Fahrt. Wir düsen mit Affenzahn durch die kurvigen Straßen, Berge hinauf, Berge hinab. Nach ca. 1,5 Stunden kommen wir in ein größeres Dorf und müssen umsteigen. Alles geht ganz schnell. Während wir noch aussteigen, werden unsere großen Rucksäcke bereits abgeladen und zum nächsten Bus getragen. Wir sollen uns beeilen, der Bus hat anscheinend nur auf uns gewartet. So voll ist er auch. Die Sitzreihen sind schon alle besetzt, wir sollen uns einfach noch dazu quetschen, quasi in die Mitte, mit einer Po-Backe auf den Sitz links, mit der anderen Po-Backe auf den Sitz rechts. Alle Leute sind super nett und machen uns Platz.

Im Chickenbus in Guatemala zahlen wir nie zu Beginn beim Einsteigen. Hier gibt es neben dem Fahrer immer eine Art Begleitperson, der die Ein- und Ausstiege managt, während der Fahrt kassiert, beim Gepäck hilft und meistens an der offenen Tür des fahrenden Bus steht und bei der Durchfahrt von Ortschaften lauthals das Ziel des Busses schreit. Und ja, er schafft es sich zwischen dem überfüllten Bus durchzuquetschen und alle abzukassieren. Wir finden es verrückt, wie sich diese Menschen merken, wer alles neu zusteigt und noch nicht bezahlt hat. Oder auch wenn Fahrgäste mit großen Scheinen bezahlt haben und sie nicht genug Wechselgeld (Cambio) dabeihaben, merken sich die Jungs (gendern ist hier überflüssig) genau, wer noch wie viel Geld zurückbekommt und drücken einem manchmal eine halbe Stunde später noch genau den richtigen Wechselbetrag in die Hand. Obwohl wir nicht sonderlich viel Platz haben, fühlen wir uns wohl und schauen uns belustigt an. Es steigen immer wieder Leute aus und ein. Bushaltestellen gibt es nicht wirklich. Als es zwischenzeitlich etwas leerer wird, ergattern wir zwei richtige Sitzplätze hintereinander. Caro sitzt neben einem älteren Herr, der sich in den Kurven zwar immer angestrengt festhält, aber trotzdem immer mit seinem Po zu ihr rutscht. Gut festhalten ist absolut ratsam, die Kurven lassen alle Mitfahrenden nämlich ordentlich hin- und her rutschen. Dann beginnt irgendwann das Entertainment.

Zuerst steigt eine ältere Frau mit Rucksack und einem Plakat in der Hand ein. Sie scheint eine Mission zu haben. Wir verstehen zwar nicht alles, aber sie beginnt irgendwann lautstark ihr Verkaufsgespräch. Sie erzählt, dass sie viele Kinder hat, die dringend essen benötigen und dass sie auf den Verkauf von Dingen angewiesen ist. Sie kritisiert noch lautstark die Politik und die Ungerechtigkeiten des Landes und hält das Plakat hoch. Dann präsentiert sie ihre Produkte: Weiße Hotelschlappen und kleine Hotel-Shampoo und -Duschgel-Verpackungen. Von welchem LKW die wohl herunterfallen sind? Die Nachfrage scheint nicht sonderlich groß zu sein. Sie kämpft sich einmal durch den Bus. Weiter hinten scheint es zu einem kleinen Streit zu kommen. Wir verstehen nicht genau worum es geht, merken aber, dass es lauter wird. Als Konsti sich umdreht, sieht er wie die Frau mit den Schlappen nach einer anderen Frau schlägt und davon redet, die Polizei zu rufen. Die anderen Mitfahrenden scheinen sehr unbeeindruckt und auch wir müssen zugeben, dass die Frau ein kleines bisschen verrückt wirkt. Sie schimpft weiter, setzt sich irgendwann nach vorne und telefoniert mit ihrem Handy. Es ist ein sehr altes Modell und kein Smartphone, dass sie in den „Hörer“ spricht, macht trotzdem keinen Sinn.

Dann folgt auch schon das nächste Entertainment, ein alternativ gekleideter Sänger mit Gitarre steigt in den Bus. Er singt und rappt ebenfalls gesellschaftskritische Lieder, spielt dabei in ruckeligen Kurven Gitarre und lässt seinen Klingelbeutel herumgeben. Multitasking at its best. Die Musik ist aber tatsächlich ganz cool. Das beste folgt aber bekanntlich zum Schluss.

Als der Musiker fertig ist, steht ein weiterer Mann auf. Er ist uns schon beim Einsteigen ins Auge gefallen. Er trägt ein weißes Hemd, eine schicke Anzughose, eine Aktentasche, große Ringe (die auch gut aus Indien stammen könnten) sowie eine große Sonnenbrille. Seine dunklen Haare sind mit Gel zurückgekämmt. Er hebt sich damit deutlich von den anderen Fahrgästen ab und möchte vermutlich seriös, kompetent und geschäftstüchtig wirken. Kein Wunder, denn für sein Produkt ist dies nur von Vorteil. Wie ein guter Vertriebler es macht, baut er erstmal eine gute Storyline auf. Beschwerden im Bauchbereich, Völlegefühl, Unwohlsein nach dem Essen, wir kennen es alle. Aber dagegen hat er das absolut beste und super natürliche Heilmittel. Es geht um Magentabletten, die gegen so ziemlich alles helfen, keinerlei Nebenwirkungen haben, auf Basis von ganz natürlichen Heilkräutern und Zutaten bestehen und DANN auch noch zu einem super Preis angeboten werden. Jackpot! Wer da nicht zugreift, der verpasst den Deal des Tages. Uns fällt fast die Kinnlade herunter als er weiße Pillendöschen aus seiner Aktentasche zaubert und noch viel mehr als wir bemerken, dass es tatsächlich Leute gibt, die das Zeug kaufen. Bestes Entertainment. Es ist zwar eng und heiß, aber irgendwie sind wir trotzdem froh, dass wir uns für den Chickenbus entschieden haben, BIS…

Handygate

… es wohl zu einem der blödesten und ärgerlichsten Momente unserer bisherigen Reise kommt. Wir kommen in Antigua an und wollen hinten aus dem Bus aussteigen. Konsti geht vor Caro und wir entknoten gerade den großen Rucksack zum Ausladen. Die Jungs vom Bus haben diesen nämlich oben auf die Gepäckablage gequetscht und jemand, wir wissen nicht genau wer, hat einen der Strapsel an der Ablage festgeknotet. Hinter Caro wird es kurz wuselig und eng. Den kleinen schwarzen Daypack hat sie auf dem Rücken. Wir steigen aus, ziehen den kleinen Rucksack aus und Caro sieht es sofort:

Das kleine, obere Fach am Rucksack ist offen und das Handy ist weg. Fuck!!! Anders kann man es nicht sagen, natürlich ist hinter uns niemand mehr im Bus, aber es fällt uns wie Schuppen von den Augen. In einem unachtsamen Moment, hat sich von hinten jemand angenähert, kurz seine Jacke über Caros Rucksack gezogen, den Reißverschluss geöffnet und sich das Handy geschnappt. Wenn wir eins während der Reise nicht verlieren wollten, dann sind es unsere Handys. Wie oft haben wir darüber geredet, dass das Handy das wichtigste ist. Klar, man sagt immer die Reisepässe, aber auf den Reisepässen sind nicht die Fotos, die Kontakte, alle Apps, Notizen, Zugänge. Nichts benutzen wir mehr als unsere Handys, zum Navigieren, zum Recherchieren, zur Nutzung von Social Media und überhaupt ist Whatsapp DER Kontakt zu Freunden und Familie. Caro ist furchtbar wütend und traurig zugleich. Das Handy war ohne Frage alt und hatte keinen besonderen monetären Wert. Sie hat es bereits seit 5 Jahren und da war es schon gebraucht gekauft, der Display war gesprungen, die Akkuleistung nicht gut, die Kamera auch nicht mehr die beste.. Aber trotzdem hat sie das Handy geliebt und wollte nie ein neues. Es war einfach ideal zum Reisen. Es fließen erstmal ein paar Tränchen.

Normalerweise passen wir immer so gut auf. Geldkarten und Pässe sind gut verstaut in der Bauchtasche. Warum ausgerechnet heute nicht das Handy? So oft verpacken wir es gut oder halten es in der Hand. Besonders bei Umstiegen. Den kleinen Rucksack tragen wir normalerweise ja auch immer vor uns am Bauch. Zwei Minuten mal nicht aufgepasst und dann das. Die Laune ist definitiv im Keller. Wir gehen erstmal zur Unterkunft. Konsti versucht direkt, das Handy zu orten, schreibt sogar eine Whatsapp, dass wir das Handy zurückkaufen würden. Aber keine Chance, natürlich ist das Handy aus. Wir lassen die Simkarte sperren, schreiben Caros Familie und googlen, was wir sonst noch machen können. Nicht viel. Natürlich können wir zur Polizei gehen, aber versicherungsmäßig bekommen wir sowieso nichts wieder.

Das Glück im Unglück. Noch vor einer Woche hat Konsti einen Teil von Caros ganz alten Kamera-Fotos gesichert. Leider nicht alle und viele ältere Bilder und Ordner waren nicht gesichert, aber immerhin. Bei unseren Reise-Fotos sind wir besser aufgestellt. Diese liegen alle sicher in der Cloud und erst gestern Abend hat Caro nochmal Fotos sortiert und gesichert. Immerhin. Trotzdem fühlt es sich ziemlich kacke an. Wie ein Drücken in der Bauchgegend. Klar, shit happens und eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis uns etwas Wichtiges auf diesem Weg abhanden kommt. Und natürlich hätte das wesentlich schlimmer ablaufen können. Immerhin sind wir nicht richtig überfallen worden und immerhin haben wir noch ein Handy. Sonst wären wir tatsächlich sehr aufgeschmissen. Aber gut, wir können jetzt nichts mehr dran ändern und müssen den heutigen Tag noch für ein Vorbereitungen nutzen, morgen steht nämlich ein besonderes Programm an. Aber davon erzählen wir euch beim nächsten Mal.

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