Nachtbus Nummer vier in Vietnam – check (dabei kommt es uns eher wie der vierhundertste vor). Mit dem Grab fahren wir Richtung Hotel und laden unser Gepäck ab. Bis zum Checkin wollen wir die Zeit (wie immer) mit Kaffee und einem Frühstück überbrücken. Auf dem Weg zum Café kommen wir zufälligerweise am Crazy House vorbei und kurzerhand beschließen wir, uns das Haus nach dem Frühstück anzuschauen.
Crazy House
Der Name ist hier Programm. Viel Erklärungen bedarf es nicht, jemand hatte die Idee ein Crazy House zu bauen und hat dies umgesetzt. Übernachten kann man hier übrigens auch, die Zimmer haben dabei immer eine Art Oberthema, wie z.B. das Bärenzimmer (siehe Foto). Über kleine verwinkelte Wege, schmale, gewundene Brücken kann man das Gelände erkunden. Irgendwann landen wir in einem Gebäude, dass einer Unterwasserwelt gleicht. Alles ist künstlerisch gestaltet. Die Wände, Böden und Decken, sogar die Treppen. Als eine Form expressionistischer Architektur hat das Haus keine rechten Winkel, sondern organische Formen, die natürliche Elemente wie Pilze, Muscheln, Höhlen und Spinnennetze widerspiegeln sollen. Ein erhöhtes Haupthaus, das aussieht, als gehöre es zu Hänsel und Gretel, steht in der Mitte eines offenen Innenhofs, umgeben von vier riesigen Baumhäusern.







Die Künstlerin des Hauses Dang Viet Nga sagt: „Das Haus wird nie wirklich fertig sein. Es ist wie ein Lebewesen. Es verändert sich ständig.“ Weiter führt sie fort: „Die Wiederverbindung der Natur ist eine Botschaft, die ich dem Haus vermitteln möchte. […] Aber es ist auch eine Botschaft an andere, über den Tellerrand zu schauen. Beschränken Sie sich nicht durch Regeln und Erwartungen – befreien Sie Ihren Geist und lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf.“
Auf der Flucht vor lauten Koreaner:innen, die sich lautstark über die vielen Gänge miteinander verständigen, erkunden wir das Gelände. Caro erinnert es etwas an die Gebäude von Antoni Gaudi. Nach unserer Erkundungstour gegen wir erstmal zurück in unser Hotel und checken ein. Wir schmieden Pläne, was wir heute und morgen machen.
Ohne Roller ohne uns
Heute bleiben wir stark. Dank Wasserkocher im Zimmer (juchhu) machen wir uns einen starken Kaffee, gehen duschen und schaffen es heute, nicht im Bett liegen zu bleiben. Wir beschließen uns für heute und morgen wieder einen Roller zu mieten. In einem kleinen Hostel werden wir mit einem weißen Flitzer ausgestattet und machen uns auf den Weg zu einem Tempel, der ca. eine Stunde außerhalb der Stadt liegt.
Happy Buddha, happy us
Durch die Berge und kleine Dörfer fahren wir zu einer Tempelanlage. Schon von weitem sehen wir eine sehr große, weiße Buddha Statue. Daneben befindet sich ein Tempel. Wir sind allerdings auf der Suche nach einem weiteren Buddha. Wir laufen etwas planlos über das Gelände und dann sichten wir ihn: Sein dicker Bauch und die ebenso dicken Ohrläppchen sehen wir von weitem. Dann stehen wir vor ihm und müssen sagen: Der Happy Buddha macht seinem Namen alle Ehre. Er lacht freundlich und gut gelaunt uns an. Das ist fast schon ansteckend. Ein richtig netter Zeitgenosse. Rechts und links von uns steht noch eine weitere Buddha Fraktion, einer neben dem anderen. Zuletzt werfen wir noch einen Blick auf den nahegelegenen Wasserfall.






Bevor wir zum nächsten Stopp fahren, tanken wir noch einmal Koffein. In einem kleinen Café kommt direkt Weihnachtsstimmung auf. Alles ist weihnachtlich geschmückt, es gibt einen Weihnachtsbaum mit Geschenken und einen dekorierten Kamin. Passend dazu wird selbstverständlich Weihnachtsmusik gespielt. Wahnsinn, wir hätten nie gedacht, dass wir inmitten eines kleinen Dorfes in Vietnam auf so viel weihnachtliche Stimmung stoßen.


Nächster Halt: Foto Hotspot
Für unser nächstes Ziel müssen wir einmal zurück nach Đà Lạt und von dort in eine andere Richtung stadtauswärts fahren. Entlang eines Sees entdecken wir eine Art kleinen Freizeitpark mit bunten Rutschen, einer Themenwelt und kleinen Attraktionen. Das scheint hier irgendwie ein Ding zu sein. Dabei ist die Umgebung am See eigentlich recht idyllisch. Mit unserem seriellen Podcast auf den Ohren geht die Fahrt recht schnell um und wir sind gut in der Zeit. Um 17 Uhr schließen sich die Pforten des kleinen Parks, den wir noch besuchen wollen.



Hoffentlich sind die meisten Besucher:innen schon weg, in den Rezensionen haben wir schon gelesen, dass es der reinste Foto-Hotspot ist. Der Großteil des Parks ist schon leer, die Stände werden bereits aufgeräumt und geschlossen, doch am schönsten Punkt, ist tatsächlich noch Betrieb. Es gibt eine Schlange zum Anstellen für ein Foto. Ein kleines Spektakel. Wir setzen uns und beobachten die Szenerie. Natürlich machen wir auch ein Foto. Am Ende können wir uns gar nicht entscheiden, was unser Highlight war: Die posierenden asiatischen Touris, die beim Versuch vom besonders „ausgefallenen“ Foto-Posen fast ins Wasser fallen und ganz aufgeregt durcheinander schreien…


… ooooder der Corona-Themenbereich, der gegen Ende auf uns wartet. Hier könnten die ein oder anderen Corona-Leugner:innen und Impfgegner:innen einen kleinen Bildungsausflug unternehmen. Anschaulicher kann man Covid-19 kaum verbildlichen. Endlich kann man diesen fiesen Corona-Viren mal die Meinung sagen und sich kämpferisch im Boxring zur Wehr setzen. Und wer es dann am Ende immer noch nicht verstanden hat: Die Impfung ist die Rettung im Kampf gegen den Feind. Wenn es das in Deutschland geben würde… Naja, ihr wisst schon.






Nach diesem kurzen Ausflug geht es für uns zurück in die Stadt. Wir kaufen noch kurz im Supermarkt für morgen früh ein und fallen ins Bett. Statt vor die Tür zu gehen, entscheiden wir uns, heute etwas zu essen zu bestellen. Über Grab Food bestellen wir in einem vegetarischen Restaurant und machen es uns dann mit Essen und 7 vs. Wild auf dem Bett bequem. Ein bisschen Sonntagsfeeling wie Zuhause. Apropos Zuhause..

Fast wie Zuhause!
Beim Recherchieren im diversen Reiseblogs sind wir auf einen Programmpunkt gestoßen, der unsere Herzen höher hat schlagen lassen. Etwas außerhalb der Stadt gibt es eine Wanderung zu einem kleinen Berg, vom dem aus man auf die Stadt blickt. Immer wieder denken wir zurück an unsere Wanderungen in Pakistan und Kirgisistan. Oft vermissen wir die Ruhe, Zeit im der Natur und vor allem auch die Zeit im Wald. So steht schnell fest, die Wanderung machen wir auf jeden Fall. Wir stehen also früh auf und machen uns mit dem Roller auf dem Weg zum Fuße des Berges. Natürlich gibt es auch hier wieder das passende Tourenangebot für Touris: Vom Parkplatz am Berg wird man dann mit einem Jeep für viel Geld zu einer Radarstation auf einen Berg gefahren. Nein, danke. Wir fahren am gebührenpflichtigen Parkplatz vorbei und stellen unseren Roller etwas weiter oben bei einer Art Hochzeitslocation ab. Von hier aus gehen wir zu Fuß los. Die Wanderung führt übrigens auf einen anderen Gipfel als den, auf dem die Radarstation liegt. Hier kann man ausschließlich zu Fuß hochgehen. Die Straße zur Radarstation werden wir auf halber Strecke nur einmal kreuzen.


Đà Lạt ist übrigens bekannt für den Anbau von Blumen und Erdbeeren. Kaum ist man aus der Stadt türmt sich eine neue Stadt auf.. Die Stadt der Gewächshäuser. In riesigen Feldern reihen sie sich nebeneinander und bilden so rein optisch eine eigene Vorstadt. Es ist also auch nicht ungewöhnlich, dass ein Roller vollgepackt mit bunten Rosen durch die Stadt fährt.


Außerdem wird hier auf ca. 1.500 m ebenfalls Kaffee angebaut. Neben dem herkömmlichen Kaffeebohnen-Anbau gibt es auch Wiesel-Farmen, die Tieren werden mit Kaffeekirschen gefüttert und die anschließend ausgeschiedenen Bohnen für Kaffee weiterverarbeitet. Was irgendwann mal ein Zufallsfund war, wird heute kommerziell ausgeschlachtet. Wir können uns kaum vorstellen, dass die Wiesel artgerecht gehalten werden. Daher verzichten wir darauf, diese „Kaffeespezialität“ zu testen. Aber nicht des Blümchen-Anbaus wegen fühlen wir uns wie zuhause, sondern vielmehr des wunderschönen Kiefernwaldes wegen, durch den wir gehen. Wir sind keine Viertelstunde unterwegs und fühlen uns ein kleines Stückchen in die Heimat gebeamt. Um uns herum überall Kiefern, Farn und Kiefernzapfen. Es ist so schön hier entlang zu spazieren, von der Stadt und dem Verkehr ist nichts mehr zu hören, nur noch Vogelgezwitscher.




Vom Kiefernwald in den Dschungel
Wir folgen dem kleinen Trampelpfad und sehen ein paar Pferde. Sind die etwa wild? Wir haben keine Ahnung, aber die Kletten in Schweif und Mähne lassen uns vermuten, dass sich zumindest keiner um die Tiere kümmert.


An einer kleinen Lichtung mit einer Feuerstelle halten wir kurz an und essen eine Banane. Kurz danach geht es noch einmal leicht bergab und dann sind wir schlagartig zurück im Vietnam. Die Kiefern weichen und stattdessen ist ab jetzt Dschungel um uns herum: lauter grüne Bäume, Moos, eine dichte Pflanzenwelt, höhere Luftfeuchtigkeit und matschiger Boden. Passend dazu geht es ab jetzt steil bergauf. Bisher war es mehr ein entspannter Spaziergang mit einem leichten Anstieg. Unsere unsportlichen Körper kommen mal wieder ganz schön ins Schwitzen. Das letzte Stück zieht sich ganz schön, aber es lohnt sich. Ganz am Ende lichtet sich der Dschungel und wir kommen oben auf dem Berg an. Am Anfang unserer Tour war die Spitze des Berges noch in Nebel gehüllt, jetzt scheint die Sonne und wir haben eine super Aussicht auf die Stadt und die anderen Berge.




Wir sind ganz alleine und genießen es so sehr, mal wieder auf einem Berg zu sitzen. Bei bestem Wetter, mit weiter Sicht, ganz alleine, nur Vogelgeräusche um uns herum. Was fehlt jetzt noch für den perfekten romantischen Moment? Genau: ein Käsebrot. Alternativ zum klassischen Banh Mi (davon hatten wir inzwischen tatsächlich 400) haben wir uns Banh Mi’s, sprich Baguettes, ohne Belag und ein Stück Käse besorgt. Köstlich, es könnte keine bessere Jause geben. Wobei der Käse noch Potenzial hat, aber für vietnamesische Verhältnisse ist es echt okay.




Auf dem Rückweg kommen uns tatsächlich noch ein paar Leute (u.a. auch geführte Gruppen) entgegen. Das frühe Aufstehen hat sich mal wieder gelohnt. Neben weiteren Leuten treffen wir noch ein paar Pferdchen, an die wir unsere Apfelkitsche verfüttern. Mit dem Roller geht’s dann zurück zur Unterkunft und ab unter die Dusche.
Đà Lạt City Tour
Nach einer kleinen Pause schwingen wir uns wieder auf den Roller und fahren noch ein bisschen durch Đà Lạt. Es gibt einen kleinen See, direkt in der Stadt und wer hätte es gedacht, aber natürlich gibt es hier wieder Tretboote. Alles wirkt sehr künstlich und richtig zu sehen gibt es nichts. Direkt neben dem See gibt es noch einen großen Golfclub und einen riesigen Blumenpark. Leeeeider haben wir hierfür keine Zeit mehr und lassen diese vielversprechenden Highlights schweren Herzens aus. Dafür landen wir in einem netten Café.
Bia o’clock
Da es bereits kurz vor 16 Uhr ist, wird es Zeit für unser erstes Bier. Verantwortungsvoll wie wir sind, geben wir erst den Roller zurück. Gut, dass das Beer Corner nicht weit weg ist. Wir setzen uns auf die Terrasse und genießen bei schöner Aussicht ein Kältegetränk. Lustigerweise gibt es hier jede Menge europäisches Bier, wir bleiben aber natürlich beim günstigen lokalen Dosenbier. Im Anschluss steht nämlich noch eine weitere Besonderheit auf unserem Plan: die Maze Bar. Wir spazieren noch etwas durch die Stadt und erreichen nach einer Viertelstunde unser Ziel.


Vom Crazy House in die Crazy Bar
Noch nie waren wir in einer so verrückten Bar. Am Eingang besorgen wir uns an der Bar zwei Drinks und werden dann in den Keller geschickt. Erstmal nicht sooo ungewöhnlich. Es ist recht dunkel und es sieht so aus, als wenn man im einen Gewölbekeller geht. Ab jetzt gleicht die Bar dem Crazy House von gestern. Wir begeben uns von hier aus auf kleine Höhlen-Expeditionen. Über kleine Treppenaufgänge, die man auch als Schlupflöcher bezeichnen könnte, versuchen wir weiter nach oben zu kommen. Stets mit der Angst mit dem Po im Schlupfloch stecken zu bleiben, den auf dem Boden stehenden Drink beim wieder Aufrichten umzutreten oder einfach wieder nach hinten runter zu fallen. Doch wir und unsere Drinks lassen uns nicht abschrecken, wir werden dieses Höhlengebäude mitten in der Stadt bis in die letzte Ecke, genauer gesagt bis aufs Dach erkunden. Koste es, was es wolle.




Auf den verschiedenen „Etagen“ gibt es kleine verwinkelte Ecken und immer wieder Sitzmöglichkeiten. Manchmal sind Figuren in die Wand gebaut, manchmal ist es auch nur ein schmaler dunkler Gang. Irgendwann sind wir weit oben, es geht hinaus in einen kleinen und natürlich auch verwinkelten Garten. Auch hier gibt es kleine Sitzecken. Von der obersten Dachterrasse haben wir einen schönen Ausblick auf die Lichter der Stadt, wobei der Ausblick nur schwer das Innere der Bar toppen kann. Es ist auf jeden Fall ein sehr skurriler aber megacooler Ort.



Da wir noch nichts gegessen haben und der Appetit mit steigendem „Getränke-Konsum“ steigt, beschließen wir wieder zurück Richtung Unterkunft zu laufen und heute noch einmal essen zu bestellen. Es war super lecker und kostengünstig. Der Rest des Abends wird mal wieder gemütlich. Morgen früh geht es mit dem Bus weiter nach Saigon. Ausnahmsweise fahren wir mal wieder tagsüber und die Fahrt wird voraussichtlich acht Stunden andauern.