Wir starten gegen kurz vor 6 Uhr mit einem Tuktuk Richtung Grenze.
Checkout – Nepal
Was sollen wir sagen, wir haben viele Berichte gelesen, gegoogelt und uns informiert. Trotzdem finden wir gegen kurz nach 6 Uhr morgens nicht auf Anhieb das Immigration Office von Nepal. Hier müssen wir uns ja zunächst abmelden, bevor wir die Grenze passieren. Irgendjemand erklärt uns, dass wir wieder einen Kilometer in die entgegengesetzte Richtung müssen. Na gut, dann einmal zu Fuß zurück. Zu unserem Glück öffnet das Immigration Office gerade und wir kommen relativ schnell an die Reihe – einmal ausstempeln bitte. Dann zurück zur Grenze. Hier müssen wir uns erneut ausweisen und unsere Daten werden aufgenommen. Neben uns steht eine mobile Gepäckkontrolle. Auf der einen Seite des Vans werden die Koffer aufgeladen und auf der anderen Seite kommen sie „kontrolliert“ wieder raus. Wir gehen einfach vorbei uns es scheint niemanden zu interessieren. Dann geht’s zu Fuß über die Grenze.
Checkin – Indien
Von dem nepalesischen Grenzbeamten wissen wir, dass wir ca. 800 m bis zum indischen Immigration Office laufen müssen. Die Geschäfte rechts uns links der Straße haben größtenteils geschlossen. Wir betreten das Immigration Office auf indischer Seite. Auch hier fühlen wir uns in die Vergangenheit zurück versetzt, Fotos zu machen ist natürlich streng verboten, aber die technische Ausstattung und die großen Batterien in der Ecke des Raumes sind schon etwas verwunderlich. Unsere Daten werden aufgenommen und unsere Fingerabdrücke werden gescannt. Schnell suchen wir uns noch eine Unterkunft (ohne diese zu buchen), da wir das im Einreisedokument angeben müssen. Aber auch hier läuft alles gut.
O Varanasi, Where Art Thou?
Laut unserem letzten Host, sollte um 7 Uhr ein direkter Bus von der Grenze nach Varanasi fahren. Wir haben kurz nach 7 Uhr und ehrlich gesagt nicht den blassesten Schimmer, von wo hier Busse fahren sollen. Etwas die Straße runter stehen Busse, die fahren allerdings auf Nachfrage nur nach Gorakhpur. Die Leute schicken uns in die andere Richtung, aber da ist weit und breit nichts zu finden. Übrigens auch kein ATM, geschweige denn eine Geldwechselstube und auch kein Geschäft zum Kaufen einer Simkarte. Wir haben noch ein paar nepalesische Rupien, aber keine Währung für Indien. Etwas ratlos beschließen wir einfach den Bus nach Gorakhpur zu nehmen. Von dort aus sollen auch Züge nach Varanasi fahren. Jetzt müssen wir nur noch mit unseren restlichen nepalesischen Rupien und vor allem ohne indische Rupien ein Ticket bekommen. Nach einigem hin und her, dürfen wir einsteigen, zahlen aber wahrscheinlich am Ende das doppelte vom eigentlich festgelegtem Preis. Naja, dann ist das halt so. Auf geht die wilde Fahrt für ca. 2,5 Stunden.

Lost in Gorakhpur
Der Bus hält an, allerdings nicht wie erhofft in der Innenstadt und schon gar nicht beim Bahnhof. Gerne würden wir das Angebot der zahlreichen Tuktuk Fahrer annehmen, aber leider haben wir kein Geld. Also suchen wir uns erstmal einen Geldautomaten und werden dann (wahrscheinlich zum ersten Mal) nicht von einem Tuktuk Fahrer abgezockt. Er will nur 30 Rupien (ca. 35 Cent) von uns und die Fahrt geht mindestens 10 Minuten.
Wir stehen vollkommen lost inmitten des Bahnhofs. Überall sitzen und liegen Menschen auf dem Boden, die einzige Ausschilderung, die wir erkennen, scheint die Toilette zu sein. Da kommt die Rettung. Wir werden von mehreren jungen Männern angesprochen. Sie können zwar kein Englisch, haben sich aber zum Ziel gesetzt, uns zu helfen. Wir brauchen einen Moment, um überhaupt verständlich zu machen, dass wir zwei Tickets nach Varanasi brauchen. Dann sollen wir ihnen folgen. Sie drängeln sich an den Schaltern vor und keine 10 Minuten später halten wir ein Ticket in der Hand. Aufgrund des Preises vermuten wir, dass es wohl nicht möglich war, einen Sitzplatz zu reservieren und dass wir voraussichtlich mit den Einheimischen reisen werden und das erst in knapp 4 Stunden.

Die Jungs bringen uns zum Gleis und nicht nur das. Sie bleiben auch einfach bei uns. Sehr nah. Und es dauert nicht lange, bis sie uns fragen, ob wir ein Foto zusammen machen können. Aus einem Foto werden zwei, dann drei und es kommen auch immer mehr Menschen hinzu. Wir kommunizieren mittlerweile über einen Übersetzer und an dieser Stelle müssen wir euch Diwakar vorstellen. Er ist auf der Suche nach einer deutschen, unverheirateten Frau. Warum eine deutsche Frau? Weil sie ihm gefallen. Also ihr lieben Singles da draußen: Meldet euch, wenn ihr diesen gut trainierten, jungen Burschen kennenlernen möchtet. Er ist überaus freundlich, hat KEINERLEI Berührungsängste und befindet sich in den besten Jahren. Ihr müsst uns lediglich ein Foto zukommen lassen (das hätte er gerne) und dann steht einem Kennenlernen nichts mehr im Weg.


Wir sind sehr dankbar für die Hilfe, aber zugegebenermaßen sind wir auch etwas überfordert mit so viel Aufmerksamkeit und tatsächlich auch Beharrlichkeit. Wir haben noch nicht mal gefrühstückt und wollen natürlich auch nicht unhöflich sein. Zwischendurch kommt ein Polizist vorbei, der freundlich fragt, ob alles gut ist und dass wir uns bei Sorgen und Problemen jederzeit an die Polizei wenden können. Dann fragt er noch nach einem Foto. Natürlich. Nach knapp 1,5 Stunden verabschiedet sich Diwakar und damit der aufdringlichste Zeitgenosse. Einer seiner Freunde bleibt, er nimmt den gleichen Zug wie wir und wie plaudern noch ein bisschen über den Übersetzer. Mahesh ist eher zurückhaltend, aber wahnsinnig interessiert und freundlich. Er zeigt uns seine Lieblingslieder (siehe hier), woraufhin Konsti ihm Videos der 187 Straßenbande zeigt und wir merken, dass Rap auf Haryanvi, Maheshs Sprache, und Rap auf deutsch nicht weit voneinander weg sind. Er erzählt uns natürlich auch ein bisschen von sich und seiner Heimat Haryana.
Knapp zwei Stunden vor Abfahrt des Zuges, fährt dieser bereits am Gleis ein. Es steigen viele Menschen aus und im Anschluss wird der Innenraum, zumindest in den besseren Klassen mit einem Hochdruckreiniger sauber gespritzt. Wir nehmen kurze Zeit später schon im Zug Platz, hier ist es zwar noch nicht sauber gemacht worden, aber wir wollen uns frühzeitig ein paar Plätze sichern. Kurz vor der Abfahrt wird es immer voller, schon als der Zug losfährt, springen noch Menschen rein (und wir reden hier nicht von Schrittgeschwindigkeit).
Die Fenster und Türen sind geöffnet, aber mit den vielen Menschen ist es dennoch kuschelig. Wir haben übrigens immer noch keinen einzigen weiteren Touristen gesehen. Als der Schaffner irgendwann die Tickets kontrolliert, ist er sichtlich verwundert, uns hier zu sehen. Er fragt, ob alles in Ordnung ist und es uns gut geht. Auf dem Rückweg bietet er uns sogar an, dass wir in die bessere Kategorie wechseln können. Obwohl unsere Popos schon platt gesessen sind, verneinen wir freundlich. Bei jedem Halt gibt es übrigens am Fenster den vollen Service – Samosas, Wasser, Saft – alles wird direkt am Fenster verkauft. Beim Blick aus dem Fenster sehen wir immer wieder Kinder, die Cricket, den beliebtesten Sport in Indien, spielen. Wenn der Zug anhält, treten ein paar männliche Fahrgäste auch mal aus, wenn der Zug dann weiterfährt, wird das Geschäft schnell beendet und wieder aufgesprungen.



Ankunft in Varanasi
Wir halten, unsere Begleitung Mahesh sagt, dass wir noch eine Haltestelle weiterfahren müssen. Aber der Zug fährt und fährt nicht weiter. Dann bemerken wir, dass der Ausstieg für unsere Weiterreise eigentlich sogar besser ist. Mahesh steigt zu unserer Verwunderung mit aus und der Zug setzt sich wieder in Bewegung. Er verhandelt mit den Tuktuk Fahrern und steigt mit ins Tuktuk.
Tuktuk Party
Der junge Tuktuk Fahrer gibt Gas. Allerdings ist wahnsinnig viel los und wir hängen erstmal im Stau und damit auch im wilden Gehupe fest. Wir stellen fest, dass heute auch Zuckerfest ist (Eid Mubarak nochmal Freunde) und die Straßen deshalb wohl noch voller als ohnehin schon sind. Alle stehen Stoßstange an Stoßstange. Autofahrer, Tuktuks, Fahrräder. Die Fußgänger springen über die Ladeflächen, um die Straße überhaupt überqueren zu können. Jetzt wird die Musik angemacht. Und das in einer Lautstärke, die die ganze Straße beschallt. Sobald der Weg frei ist, gibt er Gas. Vollgas. So schnell sind wir noch nie gefahren und wir bezeichnen uns jetzt mal als erfahrene und bekennende Tuktuk-Liebhaber. Er schwenkt für 200 m auf die Gegenfahrbahn, macht Voll- oder eher Gefahrenbremsungen, um Fahrradfahrern auszuweichen und wir sind mehr als einmal kurz vor einem Crash.
Wir freuen uns sehr als wir wohlbehalten ankommen und sind so dankbar für Maheshs Unterstützung, er hat uns wirklich bis zur Unterkunft gebracht und das nur, weil er uns helfen wollte. Wir fragen noch nach seiner Nummer, bedanken und verabschieden uns. Wir sind beeindruckt, wie offen und freundlich wir empfangen wurden und wie viel Hilfe wir trotz einiger Sprachbarrieren wir bekommen haben.
Wir sind kaputt und müde und hungrig. Ein freundlicher Mann bietet uns an, uns noch etwas zu essen vorbeibringen soll – die zweite Rettung am heutigen Tag! JA BITTE ! Kurze Zeit später bekommen wir Essen aufs Zimmer, heute schmeckt es besonders gut. Der Koch oder besser gesagt Recipe Creator namens Abhishek steckt uns direkt seine Visitenkarte zu. Er ist nämlich Youtuber und kocht anscheinend für sein Leben gern. Ein lustiger und sehr engagierter Zeitgenosse. Schaut gerne mal bei ihm vorbei 😉

Auf die Toilette müssen wir übrigens nicht, wir haben viiiel zu wenig getrunken.
Zusammenfassung – 15 Stunden Reisezeit*
- Tuktuk
- Spaziergang
- Bus
- Tuktuk
- Zug
- Tuktuk
*Ohne einen einzigen (identifizierbaren) Touristen gesehen zu haben.